Was ist Linearität?

Geschrieben von Anindya Ghosh Roy am . Veröffentlicht in Methodenvalidierung

In diesem Blogartikel möchten wir den Parameter "Linearität", der für analytische Methodenvalidierungen von Relevanz ist, seine Bedeutung und seine Berechnung erläutern.

Mathematisch gesehen ist die Linearität eine Funktion von Werten, die grafisch als Gerade dargestellt werden können. Analog kann gemäß der ICH Q2(R1)-Richtlinie für Methodenvalidierung die Linearität einer analytischen Methode als ihre Fähigkeit erklärt werden, "Ergebnisse zu erzielen, die direkt proportional zur Konzentration des Analyten in der Probe sind".

Die Linearität wird oft innerhalb eines vorgegebenen Bereichs gemessen. Betrachten wir zum Beispiel eine Pflanze, die alle 6 Monate über einen Zeitraum von 3 Jahren um exakt 10 cm wächst, so dass ein „lineares Wachstum“ über diese 3 Jahre beobachtet werden kann.

Leider ist die analytische Reaktion bei einer Methode nicht immer so ausgeprägt linear wie das Wachstum von Bäumen... (siehe Beispiel oben).

Bei analytischen Methoden beispielsweise zur Analyse von Arzneimitteln oder Wirkstoffen kann die Linearität eines Signals entweder die Beziehung zwischen dem Signal des Analyten und der Konzentration des Analyten in der Kalibrierungsprobe oder die in der Probenmatrix widerspiegeln. Letzteres ist wichtiger, weil, wenn das Signal des Analyten in der Probe linear ist, es fast sicher ist, dass dies auch in den Kalibrierungsproben der Fall ist. Das Gleiche gilt jedoch nicht unbedingt für den umgekehrten Fall, zum Teil wegen des „Matrixeffekts“. Ein Matrixeffekt ist der Einfluss, der durch die anderen Komponenten der Probe (z.B. Formulierungspuffer) auf die erwartete Reaktion in Abwesenheit der zu analysierenden Substanz verursacht wird. Im Falle, dass die Daten nicht linear sind, können sie mathematisch transformiert werden, z.B. durch Logarithmieren; aber in einigen Fällen, wie beispielsweise bei Immunoassays, ist gar keine Transformation möglich. Das ist bei einem ELISA leicht verständlich, wenn man sich das zu Grunde liegende Prinzip der Methode vor Augen führt: eine definierte Anzahl an Capture-Antikörpern ist in jedem Well gebunden, welche wiederum auch nur eine bestimmte Anzahl an Zielproteinen binden können. Dies geht so lange gut (d.h. es besteht ein linearer Zusammenhang) wie noch Bindestellen frei sind. Sobald aber alle Bindestellen besetzt sind, können Unterschiede zwischen verschiedenen Proteinkonzentrationen aufgrund des Sättigungseffektes nicht mehr erfasst werden!

Die Linearität ist wichtig für die Analyse der Konzentration des Analyten im definierten Bereich. Ein definierter Bereich ist wichtig, da bei jedem Arzneimittel sowohl der Gehalt des Wirkstoffs wie auch der Gehalt potentieller Verunreinigungen von hergestellter Charge zu Charge nicht immer exakt identisch ist, sondern leicht schwanken kann, weswegen auch Konzentrationen ober- und unterhalb des jeweiligen Erwartungswertes korrekt bestimmt werden müssen. Gemäß der ICH Q2(R1)-Richtlinie für Methodenvalidierung muss die Linearität mit mindestens von 5 Konzentrationen des Analyten (Mehrpunktkalibrierung) untersucht und die Daten statistisch analysiert werden, z.B. indem eine Regressionsanalyse gemäß der Methode der kleinsten Quadrate durchgeführt wird. Die Ergebnisse können zusätzlich zur grafischen Darstellung in Form des Korrelationskoeffizienten R, des Y-Achsenschnittpunkts, der Steigung der Regressionsgerade und der Restsumme der Quadrate (residual sum of squares, RSS) gezeigt werden. Bei der linearen Regressionsgleichung y = mx + c ist der Regressionskoeffizient die Konstante "m", welche die Änderungsrate der Variablen "y" als eine Funktion der Änderung von "x" darstellt (also die Steigung beschreibt), während "c" der Y-Achsenabschnitt ist. Einfacher gesagt, m ist die Steigung und c ist der Ordinatenschnittpunkt. Aber was sagen uns diese beiden Größen?

  • Wenn die Gerade nicht durch den Nullpunkt verläuft (was eigentlich mehr oder weniger fast immer der Fall ist), wir also einen positiven y-Wert bei einer Konzentration von 0 haben, gibt uns das einen Hinweis auf einen konstanten systematischen Fehler (Nullpunktverschiebung, Offset). Praktisch gesprochen ist das der Blank-Wert, der dann zur Korrektur abgezogen wird.
  • Die Steigung hingegen gibt uns Auskunft über die Empfindlichkeit der Methode (Stichwort: „calibration sensitivity“). Es ist leicht einzusehen, dass eine steilere (also größere) Steigung mit einer größeren Empfindlichkeit einhergeht, da sie auch noch die Unterscheidung von kleinen Konzentrationsunterschieden ermöglicht. Wenn die Steigung hingegen recht flach ist, so sind kleine Konzentrationsunterschiede nicht sehr gut nachzuweisen.

Für einen linearen Datensatz muss sich die Berechnung des Pearson-Korrelationskoeffizienten R als ausreichend erweisen. Dieser Koeffizient ist eine dimensionslose Größe, welche uns etwas über den Grad einer linearen Beziehung zwischen zwei Variablen sagt. Im Falle eines perfekt linearen Zusammenhangs hat er einen Wert von 1. Wenn der Wert kleiner als 0,95 ist, kann dies entweder das Ergebnis einer breiten Streuung während der Messung sein oder auf einer nichtlinearen Korrelation beruhen. Oft wird das Bestimmtheitsmaß (R2) verwendet, das lediglich der quadrierte Korrelationskoeffizient ist. Für die meisten angewandten Methoden wird mindestens ein R2 ≥ 0,98 erreicht, aber es gibt keinen pauschalen, regulatorisch vorgegebenen Wert, der als Mindestmaß für eine gute Korrelation erreicht werden muss. Gemäß Patric U.B. Vogel’s Trending-Büchlein sind Werte zwischen 0,90 – 0,99 in der Analytik häufige Indikatoren für einen starken Zusammenhang.

Für die Validierung von Reinheitstests und Assays (unter Assays fallen Gehalts- und Wirksamkeitsbestimmungen) sind Linearitätsstudien obligatorisch. Linearitätsstudien sind wichtig, weil sie den Bereich der Methode definieren, in dem Ergebnisse genau und präzise erhalten werden können. Bei sehr kleinen zu quantifizierenden Mengen an Verunreinigungen ist eine Untersuchung der Bestimmungsgrenze (limit of quantification, LOQ) notwendig. Linearitätsexperimente am LOQ (in Kombination mit Wiederholpräzision, bei gegebener Spezifität) dienen dazu, die Richtigkeit abzuleiten, da diese auch beim LOQ gewährleistet sein muss.

 

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Linearität ein Hauptaspekt bei der Methodenvalidierung von Assays und quantitativen Bestimmungen von Verunreinigungen ist. Sie ermöglicht die Ermittlung des Konzentrationsbereichs, für den die Methode zuverlässig funktioniert. Für die Validierung werden Mehrpunktkalibrierungen akzeptiert, Einzelpunktkalibrierungen jedoch nicht. Im Falle eines nichtlinearen Datensatzes können Gleichungen höherer Ordnung transformiert werden oder die Daten müssen so wie sie sind akzeptiert werden, wobei eine eindeutige Beziehung zwischen Analytkonzentration und Signal zu zeigen ist.

Tags: Methodenvalidierung ICH Q2(R1) Lineare Regression Linearitaet

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