Normkapitel 4 - Qualitätsmanagementsystem
Die ISO 13485 ist die bedeutendste Norm, wenn es um die Herstellung von Medizinprodukten geht. Sie regelt alle grundsätzlichen Anforderungen, die Hersteller einhalten müssen. Nur, wer nachweisen kann, dass er ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem gemäß der Norm führt, kann auf seinen Medizinprodukten das CE-Kennzeichen anbringen. Das Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Qualitätsmanagementsystem im Allgemeinen. Wir haben die Inhalte für Sie zusammengefasst.
Allgemeine Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem
Im ersten Abschnitt des vierten Kapitels geht die Norm auf die allgemeinen Anforderungen, die ein Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 13485 erfüllen muss, ein. Sie beschreibt, dass dieses neben der Norm selbst auch andere regulatorische Anforderungen berücksichtigen muss. Dabei ist wichtig, dass das Qualitätsmanagementsystem ausreichend dokumentiert wird und wirksam ist. Das bedeutet, dass die getroffenen Maßnahmen den gewünschten Erfolg erzielen. Dies ist durch den Hersteller in geeigneter Weise zu überprüfen.
Im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems ist es wichtig, dass alle relevanten Prozesse ausreichend beschrieben sind. Eine Risikoabschätzung hilft, die wichtigsten Elemente herauszuarbeiten. Auch das Zusammenspiel einzelner Prozesse bzw. deren Abfolge muss beschrieben sein. Generell sind folgende Fragestellungen für die Beschreibung von Qualitätsmanagementprozessen zu berücksichtigen:
- Welche Vorrausetzungen müssen gegeben sein, um die Prozesse durchführen zu können (z.B. Umgebungsbedingungen, geeignete Geräte / Methoden etc.)?
- Sind ausreichend Ressourcen für die Durchführung der Prozesse vorhanden und alle notwendigen Informationen verfügbar?
- Sind alle Maßnahmen getroffen, dass die Prozesse zum korrekten Ergebnis führen?
- Müssen die Prozesse überwacht oder Ergebnisse analysiert werden?
- Welche Aufzeichnungen sind im Rahmen der Prozesse zu erstellen, um die Übereinstimmung mit der Norm bzw. internen und regulatorischen Vorgaben zu zeigen?
Sind Prozesse bereits etabliert, sind Änderungen nur unter bestimmten Voraussetzungen durchzuführen: Änderungen müssen vorab bewertet, ihr Einfluss auf das Medizinprodukt untersucht und die Übereinstimmung mit den Anforderungen aus regulatorischen Vorgaben überprüft werden.
Ferner geht der erste Abschnitt des Kapitels 4 auf die Verantwortung der Hersteller bei Ausgliederung von Prozessen sowie die Notwendigkeit von Softwarevalidierungen ein.
Allgemeine Dokumentationsanforderungen der Organisation
Der zweite Abschnitt des vierten Kapitels der ISO 13485 geht deutlicher ins Detail und benennt alle wichtigen Dokumente, die der Medizinproduktehersteller erstellen und pflegen muss. Dazu zählen:
- Qualitätspolitik: kurze prägnante Aussage des Herstellers, über dessen Werte und Ziele
- Formulierte Qualitätsziele: Ziele des Unternehmens, die zur Verbesserung der Qualität beitragen und im Rahmen von Zielvereinbarungen mit Mitarbeitern erreicht werden
- Qualitätsmanagementhandbuch: Umfassendes Dokument mit Angaben zum Anwendungsbereich des Qualitätsmanagementsystems, seiner Struktur sowie der implementierten Verfahren und Wechselwirkungen innerhalb der einzelnen Prozesse (oft bildlich dargestellt)
- Verfahren und Aufzeichnungen (z.B. Herstellverfahren und die entsprechenden Protokolle)
- weitere Dokumente, die der Hersteller definiert hat, um die Wirksamkeit der implementierten Prozesse aufrecht zu erhalten (z.B. Planungs- und Auswertungsdokumente)
Inhalte der Medizinprodukteakte
Die ISO 13485 geht außerdem auf die Inhalte der Medizinprodukte-Akte ein, die viele unter der Bezeichnung "technische Dokumentation" kennen. Diese wichtige Akte muss für alle zugelassenen Medizinprodukte geführt und regelmäßig aktualisiert werden. Sie liefert den Nachweis, dass das Produkt mit den grundlegenden Anforderungen aus der Norm sowie der Medizinprodukterichtlinie übereinstimmt. Folgende Information müssen laut ISO 13485 vorhanden sein:
- Beschreibung sowie Zweckbestimmung (z.B. Indikation, Patientenpopulation) des Medizinprodukts
- Kennzeichnungen (z. B. Typenschild, Gefahrenhinweise) - Gebrauchsanweisung (für Patient und / oder Anwender)
- Produktspezifikationen (z.B. Leistungsangaben)
- Angaben zu Herstell-, Verpackungs-, Lagerungs- und Versandprozessen
- Angaben zu Verfahren für die Kontrolle der korrekten Funktionsweise des Medizinprodukts (Qualitätskontrollverfahren)
- Anforderungen für die Installation (nur zutreffend bei Geräten)
- Anforderungen an die Instandhaltung (z.B. Wartungsdokumente, nur zutreffend bei Geräten)
Lenkung von Aufzeichnungen und Dokumenten
Die ISO 13485 fordert deutlich, dass alle im Rahmen des Qualitätsmanagementprozesses erstellten Dokumente vom Unternehmen gelenkt sein müssen. Sie unterscheidet zwischen allgemeinen Vorgabedokumenten und Aufzeichnungen (Erfassung von Rohdaten). Für erstere ist ein geeignetes Verfahren zu etablieren, das folgende Aspekte sicherstellt:
- Bevor Dokumente gültig werden, müssen sie inhaltlich überprüft und anschließend offiziell freigegeben werden.
- Bereits gültige Dokumente müssen regelmäßig bewertet, bei Bedarf aktualisiert und anschließend erneut freigegeben werden.
- Der aktuelle Status sowie Änderungen am Dokument müssen identifizierbar sein.
- Die Dokumente müssen dort, wo sie benötigt werden, einsehbar bzw. verfügbar sein.
- Dokumente müssen lesbar und leicht zu identifizieren sein (z.B. über Dokumentennummer, Titel, Versionsnummer).
- Externe Dokumente, die relevant sind, müssen identifiziert und kontrolliert an die zuständigen Bereiche verteilt werden.
- Dem Verlust von Dokumenten muss vorgebeugt werden (z.B. sichere Aufbewahrung, regelmäßige Datensicherung).
- Die Verwendung ungültiger Dokumente muss verhindert werden.
Weiterhin beschreibt dieser Abschnitt, welcher Personenkreis Änderungen an Dokumenten bewerten muss und wie Archivierungsfristen festzulegen sind.
Für Aufzeichnungen macht die ISO 13485 weitere Vorgaben. Hersteller müssen Verfahren festlegen, um diese zu identifizieren, zu lagern, vor äußeren Einflüssen zu schützen und wiederaufzufinden. Im Zusammenhang damit sind Aufbewahrungsfristen zu definieren. Wichtig ist, dass Aufzeichnungen über die komplette Aufbewahrungsdauer hinweg lesbar und mögliche Änderungen klar ersichtlich sind. Erhebt ein Hersteller vertrauliche Daten, z.B. von Patienten im Rahmen klinischer Studien, so ist der Umgang mit diesen sensiblen Daten ebenfalls festzulegen.
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