Was ist Richtigkeit?

Geschrieben von Anindya Ghosh Roy Veröffentlicht in Methodenvalidierung

In unserem heutigen Blog werden wir den Begriff Richtigkeit im Kontext der Methodenvalidierung sowie dessen Berechnung erläutern, seine Bedeutung hervorheben und darüber informieren, welche Anforderungen bestehen.

Unter der Richtigkeit (trueness) einer analytischen Methode wird das Maß der Differenz zwischen den gemessenen Werten gegenüber den erwarteten, theoretisch wahren Werten verstanden, welches aufgrund von Fehlern auftritt. Solche Fehler können zufälliger oder systematischer Natur sein. Stellen Sie sich zum Beispiel eine Situation vor, in der ein Fußballspieler seine Elfmeterschüsse übt. Er gilt als richtig, wenn er jedes Mal das Tor (also den Zielbereich) trifft - unabhängig von der Seite oder Ecke des Tores. Er ist jedoch nicht präzise, da er nicht immer die gleiche Ecke oder Seite trifft, aber das ist eine andere Geschichte, die wir bereits im vorherigen Blogartikel erzählt haben. Um es einfach auszudrücken, unter Richtigkeit versteht man die Fähigkeit der Methode den wahren Wert zu bestimmen, sprich ins Ziel zu treffen ????

Der Begriff Richtigkeit sollte nicht mit dem Begriff der Genauigkeit verwechselt werden, obwohl in den englischen Regularien "accuracy" anstatt "trueness" gebräuchlicher ist. Eine ausführliche Erklärung zum Unterschied zwischen Richtigkeit und Genauigkeit finden Sie hier.

 

Die Richtigkeit ist ein wichtiger Parameter, der im Rahmen von Validierungen analytischer Methoden zur Bestimmung von Verunreinigungen oder von Assays, also quantitativen Bestimmungen, untersucht werden muss. Es ist ein Parameter, der uns etwas über die Wahrheit der während einer Messung erhaltenen Werte sagt. Bei der Evaluierung der Richtigkeit muss folgendermaßen unterschieden werden:

 

Assays mit Wirkstoffen (drug substance, DS)

Um die Richtigkeit einer Methode für einen Wirkstoff zu bestimmen, kann die Methode auf einen Analyten mit bekannter Konzentration wie einen Referenzstandard angewendet werden. Referenzstandards sind dafür besonders geeignet, da sie sehr gut charakterisiert worden sind und daher ihre angegebene Konzentration als richtig angenommen werden kann. Sie sind also quasi „über jeden Zweifel erhaben“. Die Ergebnisse der Methode könnten auch mit anderen, bereits etablierten Methoden bekannter Richtigkeit verglichen werden. Falls Letzteres für die Überprüfung der Richtigkeit einer Methode zur Gehaltsbestimmung eines Wirkstoffs angewendet werden soll, so gibt der ZLG Aide-mémoire 07123101 vor, dass „für die mit beiden Prüfverfahren ermittelten Analysenserien (n = mindestens 6) zu belegen ist, dass diese sich statistisch nicht signifikant unterscheiden (F-Test und t-Test; P = 95%)“.

Assays mit Fertigarzneimitteln (drug product, DP)

Die Richtigkeit einer Analysenmethode für Fertigarzneimittel kann durch Zugabe einer bekannten Menge zu analysierender DS zu einer Mischung synthetischer DP-Komponenten bestimmt werden. Im Fall, dass synthetische DP-Komponenten nicht verfügbar sind, könnten bekannte DS-Mengen zum DP hinzugefügt und unter Anwendung der Methode analysiert werden. Wie bei der DS ist außerdem auch ein Vergleich mit einem unabhängigen Verfahren erlaubt.

Für quantitative Bestimmungen von Verunreinigungen (Reinheitstests) kann die Richtigkeit bestimmt werden, indem der Analyt mit bekannten Mengen an verfügbaren Verunreinigungen versetzt wird (Spiking-Experimente, siehe Beispiel hier) oder analog zu den Assays durch einen Vergleich mit einem unabhängigen Verfahren.

 

Gemäß der Methodenvalidierungsrichtline ICH Q2(R1) sollte die Richtigkeit mit mindestens 9 Bestimmungen (z.B. 3 Konzentrationen, je 3-mal) evaluiert werden. Zur Berechnung der Richtigkeit einer analytischen Methode wird der prozentuale Fehler (% Err) oder die prozentuale Wiederfindung (oder Wiederfindungsrate; recovery) verwendet.

Die Wiederfindungsrate einer analytischen Methode wird dadurch erhalten, indem der theoretische und der gemessene Wert verglichen werden. Dafür wird die gemessene Menge des zugesetzten Spikes durch die theoretische Menge des Spikes dividiert und dann mit 100 multipliziert, wodurch ein Ergebnis in % erhalten wird. An einem Beispiel könnte das so aussehen: Wir wissen, dass unser zugesetzter Spike eine theoretische Konzentration von 40 pg/Kavität hat, aber bei der Messung erhalten wir nur einen Wert von 38,8 pg/Kavität. Damit beträgt die Wiederfindungsrate 97% (38,8 / 40 * 100). Im Falle der Verwendung von Linearitätsexperimenten zur gleichzeitigen Ermittlung der Richtigkeit, kann z.B. die gemessene Peakfläche des Hauptpeaks durch den theoretischen Wert dividiert werden, der durch die Regressionsgerade bestimmt wurde. Unter idealen Bedingungen wäre eine Wiederfindungsrate von 100% zu erwarten, aber dies ist aufgrund offensichtlicher Unterschiede in der Methodik, der Geräte und der Handhabung fast nie möglich. Der ZLG Aide-mémoire 07123101 nennt erwartbare Wiederfindungsraten von i. d. R. im Mittel von 97,5 bis 102,5% für Gehaltsbestimmungen hochdotierter Wirkstoffe im Fertigprodukt und von 90 bis 110% für die Bestimmung von Verunreinigungen.

Zwei Möglichkeiten der Ableitung der Richtigkeit unter Verwendung der Daten der Linearitätsexperimente (wenn kein Spiken möglich ist) sind in weiteren Blogbeiträgen detaillierter beschrieben. Möglichkeit 1 läuft über die "Normalisierung" und Möglichkeit 2 mittels "Wiederfindung".