Was ist Präzision?

Geschrieben von Anindya Ghosh Roy Veröffentlicht in Methodenvalidierung

In unserem Blogartikel möchten wir heute einen kurzen Blick auf den Parameter "Präzision" analytischer Methodenvalidierungen werfen und die verschiedenen Begriffe Wiederholpräzision (repeatability), interne Laborpräzision (intermediate precision) und Vergleichspräzision / Reproduzierbarkeit (reproducibility) erläutern.

Präzision ist ein Maß für die Übereinstimmung (Nähe) von Daten, die durch eine Reihe von Experimenten unter ähnlichen Bedingungen erhalten werden. Für analytische Methoden ist es der Grad der Übereinstimmung der Ergebnisse, die unter den spezifizierten Bedingungen der Methode erhalten werden. Präzision zielt darauf ab, zufällige Fehler aufzuzeigen, die in der Methode auftreten können. Sie zielt auf die Frage ab, wie dicht die Ergebnisse beieinander liegen.

Präzision sollte unter keinen Umständen mit Richtigkeit (trueness) verwechselt werden. Eine Methode kann präzise, aber nicht richtig sein oder umgekehrt oder beides. Nachfolgend ein Beispiel für ein besseres Verständnis:

Abbildung 1: Erläutert den Unterschied zwischen Präzision und Richtigkeit am Beispiel eines Fußballspielers, der 9 Elfmeterschüsse übt. 1. Der Ball trifft das Tor, aber in verschiedenen Bereichen, 2. der Ball wurde in die linke Seite des Tors geschossen, 3. der Ball wurde zur linken Seite geschossen, leider außerhalb des Tores, 4. der Ball wurde in alle Richtungen außerhalb des Zielbereichs gespielt.

 

In der Abbildung 1 sehen wir bei 1, dass die Ergebnisse unserer Methode im Mittel den richtigen Wert ergeben (da alle im Tor sind = richtig), aber die Einzelwerte eine hohe Streuung aufweisen (= nicht präzise). Bei 3 liegt eine sehr präzise Methode vor, da alle Ergebnisse sehr nah beieinander sind, die aber leider falsch misst (da alle außerhalb des Tors sind). 2 stellt den Idealfall dar und 4 erfordert Optimierung.

Die Präzision analytischer Methoden kann in Wiederholpräzision, interne Laborpräzision und Vergleichspräzision unterteilt werden.

   Tag 1 Tag 2  Analyst 1 Analyst 2 Instru-ment 1 Instru-ment 2 Labor 1 Labor 2 Streuung der Ergebnisse
Wiederholpräzision x    x    x    x  
Interne Laborpräzision  x  x  x x x x x  
Vergleichspräzision             x  x

Tabelle 1: Dargestellt ist ein allgemeines Schema von Präzisionsexperimenten.

 

Wiederholpräzision

Die Wiederholpräzision (repeatability) sagt uns etwas über das Ausmaß der Übereinstimmung der analytischen Ergebnisse einer Reihe wiederholter Experimente während eines kurzen Zeitintervalls. Die Wiederholpräzision wird im Englischen auch als intra-assay precision bezeichnet. Dabei wird die Methode mehrmals am selben Tag vom selben Analysten (Laboranten) durchgeführt (= wiederholte Messungen einer Probe direkt hintereinander), d.h. die Messungen unterliegen sehr ähnlichen Bedingungen. Gemäß der Methodenvalidierungsrichtlinie ICH Q2(R1) kann die Wiederholpräzision mit mindestens 9 Bestimmungen (3 Konzentrationen x 3 Replikate) oder 6 Bestimmungen bei 100% Testkonzentration ermittelt werden.

Abbildung 2: Veranschaulicht die Idee der Wiederholpräzision. Derselbe Fußballspieler führt die Elfmeterschüsse zu verschiedenen Zeiten am selben Tag durch.

 

Interne Laborpräzision

Die interne Laborpräzision spiegelt die Variation innerhalb eines Labors wider, indem sie die Übereinstimmung der Ergebnisse analysiert, die erhalten werden, wenn eine Methode an verschiedenen Tagen von verschiedenen Analysten mit unterschiedlichen (aber meist baugleichen, d.h. vom gleichen Hersteller bezogenen) Instrumenten angewendet wird. Daher wird die Laborpräzision von Tag zu Tag, von Analyst zu Analyst, von Instrument zu Instrument verglichen. Alternativ kann die Laborpräzision auch in einem sogenannten "Matrix-Ansatz" evaluiert werden, der aus 6 Experimenten besteht, wo alle Aspekte gemeinsam abgedeckt werden. Die Streuung der Ergebnisse der internen Laborpräzision ist üblicherweise etwas größer als die der Wiederholpräzision, da z.B. neben leichten Unterschieden in der Arbeitsweise verschiedener Analysten auch leichte Unterschiede in der Raumtemperatur auftreten könnten, wenn z.B. am zweiten Tag die Sonne so richtig durchs Fenster brennt, während der erste Tag trüb war.

Abbildung 3: Veranschaulicht die Idee der Tag-zu-Tag-Laborpräzision. Derselbe Fußballspieler führt die Elfmeterschüsse an zwei verschiedenen Tagen durch (Tag 2 ist sonniger).

Abbildung 4: Zeigt die Idee der Analyst zu Analyst-Laborpräzision. Zwei verschiedene Spieler üben die Elfmeterschüsse unter ansonsten gleichen Bedingungen.

Abbildung 5: Illustriert die Idee der Laborpräzision unter Verwendung unterschiedlicher Instrumente. Derselbe Fußballspieler übt die Elfmeterschüsse mit zwei verschiedenen Bällen.

 

Vergleichspräzision / Reproduzierbarkeit

Die Vergleichspräzision ist eine Art der Präzision, die Unterschiede in einer Methode durch den Vergleich der Ergebnisse aufzeigt, welche durch eine in verschiedenen Laboren, also an verschiedenen Orten, durchgeführte Methode erhalten werden. Hier spielen dann nicht nur unterschiedliche Analysten, sondern auch Umgebungsbedingungen und z.B. auch Geräte unterschiedlicher Hersteller eine Rolle. Dies sollte nicht mit einem Methodentransfer verwechselt werden, der ein wichtiger (obligatorischer) Parameter für Arzneimittel oder ihre Wirkstoffe ist, die in verschiedenen Ländern oder Kontinenten auf den Markt gebracht werden (sollen) oder an verschiedenen Orten hergestellt werden. Um es kompliziert zu machen: So ganz stimmt die vorherige Aussage nicht, denn eine Ko-Validierung im Zuge eines Methodentransfers zielt genau auf die hier angesprochene Reproduzierbarkeit zwischen den beteiligten Laboren ab. Die Vergleichspräzision zeigt im Wesentlichen, dass die Durchführung der analytischen Methode unabhängig vom Standort des Labors bzw. vom durchzuführenden Labor selber ist. Im Zuge einer Methodenvalidierung innerhalb eines Labors spielt daher die Vergleichspräzision keine Rolle.

Abbildung 6: Veranschaulicht die Idee der Vergleichspräzision (Inter-Labor) Präzision. Derselbe Fußballspieler übt die Elfmeterschüsse an zwei verschiedenen Orten, wobei es normalerweise nicht derselbe Fußballspieler ist.

 

Die Vergleichspräzision wird nicht nur zur Messung der Leistungsfähigkeit einer Methode verwendet. Viele Laboratorien verwenden diesen Parameter, um die Leistung eines Qualitätstests zu bewerten. Ein Eignungstest wie ein universeller Ringversuch könnte für diesen Zweck durchgeführt werden. Ein Ringversuch ist ein Test, bei dem mehrere verschiedene Labore teilnehmen. Er ermöglicht die Einschätzung der Leistungsfähigkeit einer Methode (bzw. des durchführenden Prüflabors) basierend auf Versuchen, die in allen teilnehmenden Laboren mit den gleichen homogenen Proben durchgeführt werden. Ziel eines solchen Tests ist es, die Qualität und Effizienz der Laborleistung zu verbessern (z.B. im Falle akkreditierter Prüflabore). Ringversuche sind unerlässlich, um Akkreditierungsbehörden, Kunden und Aufsichtsbehörden Kompetenz zu beweisen. Oft werden Ringversuche für Methoden durchgeführt, die Arzneibuch-Methoden werden sollen, so dass sie in einer Pharmakopöe wie z.B. in der Ph. Eur. gelistet werden.

 

Die Ergebnisse von Präzisionstests werden statistisch analysiert. Die ICH Q2(R1) schlägt vor, dass das Ergebnis als Standardabweichung, relative Standardabweichung (Variationskoeffizient) und Konfidenzintervall für jeden Präzisionstyp dargestellt werden sollte. Das Konfidenzintervall ist ein nützliches statistisches Werkzeug zur Beurteilung der Präzision. Mit anderen Worten, es erlaubt uns, den Bereich der Methode zu kennen, in der mit dieser Methode präzise und zuverlässige Daten erhalten werden können. Im Zusammenhang mit Präzision ist eine Anwendung eines Konfidenzintervalls auf eine Wiederholpräzision, bei der 6 Messungen mit 100% Testkonzentration durchgeführt wurden, wahrscheinlich nicht sehr sinnvoll. Aber die Berechnung eines „overall“ Konfidenzintervalls kann nützlich sein, bei dem sowohl die Werte der Wiederholpräzision als auch die der internen Laborpräzision eingehen. Weitere Informationen zum Konfidenzintervall im Zusammenhang mit Methodenvalidierung und Präzision finden Sie hier.

Wenn für die Gehaltsbestimmung von Wirkstoffen, die in der Ph. Eur. gelistet sind, chromatographische Trennmethoden verwendet werden, so gibt die Ph. Eur. in Abhängigkeit von der Anzahl an Einspritzungen auch Maximalwerte für die relative Standardabweichung (RSD) vor (Kap. 2.2.46). Dieser Aspekt wird vom ZLG Aide-mémoire 07123101 aufgegriffen. Des Weiteren gibt der ZLG Aide-mémoire 07123101 das klare Statement, dass eine „alleinige Ermittlung der „Gerätepräzision“ (wiederholte Messung der aufgearbeiteten Probe bzw. eines Standards) zur Bestimmung der Präzision nicht ausreichend ist“.