Aus dem Laboralltag: Systematische und zufällige Fehler

Geschrieben von Dr. Janet Thode Veröffentlicht in Methodenvalidierung

Jeder, der täglich in einem Labor steht, sei es in einem pharmazeutischen QC-Labor oder einem Lohnlabor, beschäftigt sich irgendwann mit folgenden Fragen: „Was macht gute Messungen aus? Wann können wir unseren Messwerten vertrauen?“ Die Antwort ist einfach: möglichst keine oder nur geringe zufällige und systematische Messfehler, da Messergebnisse an sich nie fehlerfrei sind. Und was sich dahinter verbirgt, wollen wir in diesem Blogbeitrag ein wenig erläutern.

 

Wodurch wird mein Messergebnis beeinflusst?

Wie wir anhand nachfolgender Abbildung sehen können, basiert der Unterschied zwischen meinem erhaltenen Messergebnis xi und dem eigentlich richtigen „wahren Wert“ xRef immer auf den Anteilen beider Fehlerarten, d.h. einem Anteil zufälliger Fehler, der sich in der Streuung der Messergebnisse zeigt (sichtbar an der Standardabweichung, SD) und einem Anteil systematischer Fehler.

Die Ursachen für solche Fehler sind vielfältig und reichen von äußeren Einflüssen (wie z.B. der Temperatur), über das Verfahren und das Messgerät an sich bis zum Laboranten, der die Methode durchführt. Klassischerweise wird zwischen systematischen und zufälligen Fehlern unterschieden.

 

Systematische Fehler

Systematische Fehler, auch als Bias oder offset bezeichnet, sind die Ursache der Abweichung des Mittelwerts einer Messreihe vom wahren bzw. dem als richtig anerkannten Wert, sie beeinflussen also die Richtigkeit. Sie sind reproduzierbar, d.h. innerhalb einer Messreihe und auch bei wiederholter Messung tritt ein systematischer Fehler immer im gleichen Maße und mit gleichem Vorzeichen auf. Anders ausgedrückt, bei jeder Durchführung äußern sich systematische Fehler durch die gleiche Verschiebung aller Messwerte.

Da sie das Ergebnis immer in die gleiche Richtung verfälschen, können sie auch nicht durch wiederholte Messungen, also einen größeren Stichprobenumfang, entdeckt werden. Lediglich der Vergleich mit einer zweiten anderen Messmethode oder Ringversuche erlauben ihre Entdeckung.

Im Gegensatz zu den nachfolgend erläuterten zufälligen Fehlern können die Ursachen systematischer Fehler jedoch durch eine gründliche Fehleruntersuchung mit genauer Betrachtung des eingesetzten Messgeräts und des gesamten Verfahrens identifiziert werden. Es sind Fehler, die -wie es der Name schon andeutet- dem System zu Grunde liegen. Sie werden durch nicht steuerbare äußere Einflüsse, die Unvollkommenheit des Messgeräts oder persönliche Vorlieben und Eigenheiten des Messenden hervorgerufen. Einige typische Bespiele sind:

  • Ein falsch kalibriertes oder justiertes Messgerät
  • Alterung von Sensoren
  • Nicht durchgeführter Nullpunktsabgleich vor einer Einwaage
  • Nullpunktverschiebung
  • Rundungsfehler bei der Rechnung
  • Bei nicht konstanten Umgebungsbedingungen: Einfluss der Temperatur auf das Messgerät oder auf einen Messkolben (--> falsches Volumen) oder auf den Standard (--> geänderte Dichte)
  • Einfluss von Magnetfeldern auf das Messgerät
  • Verunreinigte Proben
  • Instabilität der Probe zwischen Probenahme und Analyse
  • Keine Gleichbehandlung von Probe und Kalibrierstandard
  • Interferenzen in der Probenmatrix (Überlagerung des eigentlichen Messsignals des Analyten durch ein Signal für eine andere Substanz der Matrix)

 

Zufällige Fehler

Zufällige oder statistische Fehler werden durch spontan auftretende, nicht vorhersehbare Prozesse während einer Messreihe verursacht und ihre Ursache kann im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden. Ihnen liegen nicht erfassbare Änderungen zu Grunde. Sie sind ein Charakteristikum für einen einzelnen Messpunkt, weswegen sie in Größe und Vorzeichen variieren. Zufällige Fehler äußern sich in Form einer Streuung der Messwerte um den Mittelwert und beeinflussen somit die Präzision der Messreihe. Sie können durch eine Vergrößerung des Stichprobenumfangs reduziert werden. Ein typisches Beispiel ist das gerätespezifische Hintergrundrauschen oder im Falle von nicht regulierten / nicht kontrollierten Umgebungsbedingungen ein Sensordrift des Messgeräts an heißen Tagen (sofern keine Temperaturkompensation eingebaut wurde).... aber auch winzige Unterschiede im zugegebenen Volumen an Reagenz, Ungenauigkeiten beim visuellen Ablesen oder ganz leicht variierende Inkubationszeiten zwischen den einzelnen Proben können Ursachen zufälliger Fehler sein.

 

Um jetzt wieder den Bogen zum Anfang zu spannen, können wir zusammenfassen, dass es nützlich ist, das Ausmaß systematischer und zufälliger Fehler zu kennen. Deswegen prüfen wir sinnvollerweise bereits während der Methodenentwicklung im Zuge einer Methodenqualifizierung die Parameter Richtigkeit und Präzision ab. Es ermöglicht uns, unsere Messergebnisse einschätzen zu können. Wir können überlegen, ob wir mit den ermittelten systematischen und zufälligen Fehlern leben können oder ob eine Reduzierung dieser notwendig ist, was eine Optimierung der Methode nach sich ziehen würde. Eine Reduzierung systematischer Fehler würde in einer besseren Abbildung der Wirklichkeit durch die Messergebnisse aufgrund der Verkleinerung des Abstands zum Referenzwert resultieren. Die Kenntnis des Vorliegens geringer zufälliger Fehler ermöglicht die Einschätzung, wie viele Messungen letztlich nötig sind, um dem richtigen Wert möglichst nahe zu kommen.