Journal Club: Validierung von LSV und RP-HPLC zur Gehalts- und Reinheitsbestimmung

Geschrieben von Anindya Ghosh Roy Veröffentlicht in Methodenvalidierung

Einführung und Hintergrund

Fulvestrant oder Faslodex ist ein Medikament zur Heilung von Hormon-Rezeptor-positiven (HR+) metastasiertem Brustkrebs bei postmenopausalen Frauen mit Krankheitsprogression. Es gehört zur Gruppe der selektiven Östrogenrezeptor-Downregulatoren (Selective Estrogen Receptor Downregulators, SERD) und wird oft als geeigneter Ersatz für Tamoxifen angesehen. Es funktioniert, indem es an den Östrogenrezeptor bindet und ihn destabilisiert, was den Abbau durch den normalen Proteinabbaumechanismus der Zelle fördert. Für die Gehalts- und Reinheitsbestimmung von Fulvestrant in reiner und pharmazeutischer Dosierungsform gab es bisher keine HPLC (High Performance Liquid Chromatography)- oder LSV (Linear Sweep Voltammetry)-Methoden. In diesem Beitrag möchten wir auf solche Methoden hinweisen, die von Atila et al. entwickelt wurden, mit Fokus auf ihre Vorteile und die angewandte Methodenvalidierung.

 

Untersuchte Ansätze und Methoden

Voltammetrie ist eine elektroanalytische Methode, mit der Informationen über einen Analyten gewonnen werden können auf Basis von Strom-Spannungs-Kurven. Hier wurde das elektrochemische Verhalten und der Oxidationsmechanismus von Fulvestrant verwendet, um den Gehalt von Fulvestrant unter Anwendung einer linearen voltammetrischen (LSV) Methode zu bestimmen. Bei der LSV wird die Stromstärke zwischen zwei Elektroden (einer Arbeits- und einer Referenzelektrode) gemessen und die Spannung linear mit der Zeit variiert. Ein typisches Cyclovoltammogramm wurde mit 20 mg/ml Fulvestrant unter den gegebenen Bedingungen erhalten. Anodische Sweep-Beobachtungen zeigen eine irreversible Elektrodenreaktion, da nur ein Oxidationspeak bei 1,4 V detektiert wurde. Die linearen Sweep-Voltagramme von 20 mg/ml Fulvestrant zeigen Geraden mit einer Steigung von 0,42, die nahe dem erwarteten theoretischen Wert von 0,5 liegen.

Des Weiteren wurde zur Analyse der Reinheit, insbesondere potentieller Abbauprodukte, eine stabilitätsanzeigende HPLC-Methode angewandt. Die HPLC-Methode wurde als Umkehrphasen-HPLC (Reversed Phase, RP-HPLC) unter Verwendung einer stationären C18-Phase durchgeführt und die beste Trennung wurde bei 243 nm beobachtet.

In beiden vorgeschlagenen Verfahren konnte das Arzneimittel direkt ohne Extraktion aus seinen Hilfsstoffen verwendet werden.

 

Analytische Methodenvalidierung und Diskussion

Beide Methoden wurden dem gesamten Spektrum der von der ICH Q2(R1)-Richtlinie empfohlenen Methodenvalidierungskriterien für Assay- und Reinheitstests unterzogen. D.h. Spezifität, Linearität, Präzision und Richtigkeit, Nachweis- (LOD) und Bestimmungsgrenze (LOQ) sowie Robustheit wurden untersucht, um die Eignung zu überprüfen. Außerdem wurde auf Stabilität analysiert gemäß der FDA-Empfehlungen in ihren Leitlinien für die Industrie "Analytical Procedures and Methods Validation for Drugs and Biologics".

 

Spezifität

Es ist die Fähigkeit, einen Analyten in Anwesenheit anderer erwarteter Hilfsstoffe korrekt zu bestimmen und kann durch die Reinheit beeinflusst werden. Um die Spezifität in der LSV-Methode zu bewerten, wurden verschiedene Konzentrationen von Fulvestrant (5,0 - 50 mg/ml) im Bereich von 1,0 - 1,7 V gescannt und auf jedwelche Peak-Veränderungen überprüft. Keine Änderungen waren sichtbar. Zusätzlich wurden Interferenzen zwischen Fulvestrant und Hilfsstoffen analysiert. Die Ergebnisse wurden in der Publikation nicht gezeigt. HPLC-Läufe mit unterschiedlichen Fulvestrant-Konzentrationen (0,5 - 20 mg/ml) zeigten eine klare Trennung und eine konsistente Retentionszeit von etwa 3,1 min. Eine eindeutige Abhängigkeit der Höhe des Hauptpeaks von der Konzentration ist ebenso ersichtlich, aber es wird kein Experiment mit einer Blank-Lösung präsentiert, und es wird keine Erklärung für zusätzliche Peaks gegeben, die in den Chromatogrammen zu sehen sind.

 

Linearität

Linearität ist die Stärke einer Methode, Testergebnisse hervorzurufen, die direkt proportional zur Konzentration des Analyten innerhalb eines bestimmten Bereichs sind. Sieben Fulvestrantkonzentrationen (in dem oben im Spezifitätsabschnitt erwähnten Bereich) wurden gegen die jeweilige Peakfläche des Voltammogramms als auch des Chromatogramms aufgetragen. In beiden Fällen wurde ein Korrelationskoeffizient (r) > 0,99 erhalten. Beide Regressionsgleichungen sind gezeigt, entsprechende Grafiken fehlen.

 

Präzision und Richtigkeit

Präzision ist der Grad der Übereinstimmung zwischen einzelnen Testergebnissen und Richtigkeit ist die Nähe der Ergebnisse zum wahren Wert. Für beide Methoden wurde die Präzision in Form von Interday- (interne Labor-) und Intraday- (Wiederhol-) Präzision untersucht. Für beide Methoden wurden sechs Replikate von drei verschiedenen Konzentrationen analysiert. Für die Berechnung der Wiederholbarkeit wurden sechs Tests für jede der drei Konzentrationen am selben Tag durchgeführt. Die Analyse der internen Laborpräzision umfasste das Testen derselben Probe einmal täglich an zwei Tagen. Es wird nicht erwähnt, ob dies von zwei verschiedenen Personen oder mit unterschiedlichen Geräten durchgeführt wurde. Die relative Standardabweichung (RSD) für die 3 Konzentrationen, die mit den beiden Methoden analysiert wurden, betrug ≤ 3,96 % für die Interday- und Intraday-Präzision. Die Richtigkeit wurde durch Spiking-Experimente analysiert, als relativer Fehler (% Er) der Wiederfindungsrate (Recovery) evaluiert und es wurde gezeigt, dass sie ≤ 2,66 % ist.

 

Nachweis- (LOD) und Bestimmungsgrenze (LOQ)

Das Limit of detection (LOD) ist die niedrigste Analytmenge, die nachgewiesen werden kann, und das Limit of quantitation (LOQ) ist die niedrigste Analytmenge, die quantifiziert werden kann.

Für die LSV-Methode wurde eine Standardkalibrierungskurve erstellt (siehe wahrscheinlich Linearitätsexperimente) und anschließend wurden die Steigung (S) und die Standardabweichung (SD) berechnet. LOD und LOQ wurden als 3,3 x SD / S (LOD) bzw. 10 x SD / S (LOQ) definiert. Für das HPLC-Verfahren wurde das Signal-Rausch-Verhältnis (signal to noise, S/N) ausgewertet und die niedrigste Konzentration, wo S/N mindestens 10:1 war, als LOQ betrachtet. LOD wurde als S/N 3:1 definiert.

Bei der LSV-Methode betrugen die LOD und LOQ 1,52 und 5,0 mg/ml, während sie bei der HPLC-Methode 0,152 bzw. 0,50 mg/ml betrugen. Das HPLC-Verfahren zeigte in diesem Fall eine bessere Fähigkeit zur Bestimmung bzw. Detektion besonders kleiner Analyt-Konzentrationen im Vergleich zur LSV-Methode.

 

Robustheit

Robustheit ist die Fähigkeit einer Methode, jeder beabsichtigten Variation der Parameter standzuhalten und davon unberührt zu bleiben. Beide Methoden wurden von verschiedenen Analysten auf den gleichen Instrumenten durchgeführt und es wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede gefunden. Diese Experimente sind im Allgemeinen Bestandteil der internen Laborpräzision.

Zur Überprüfung der Robustheit werden üblicherweise spezifische andere Experimente durchgeführt, die sich mit kritischen Methodenparametern befassen, z.B. Schwankungen in der Zusammensetzung der mobilen Phase oder unterschiedliche pH-Werte. Diese Experimente fehlen.

 

Stabilität

Dieser Parameter wird verwendet, um die Leistung des Analyten unter verschiedenen Lagerungsbedingungen zu verstehen und muss gemäß der FDA-Empfehlung für stabilitätsanzeigende Verfahren analysiert werden. Fulvestrantproben wurden bei + 4°C, Raumtemperatur (RT) und -20°C gelagert und nach 24 h (kurzfristig) und 72 h (langzeitig) mittels LSV und HPLC analysiert. Die Analyse zeigte keinen signifikanten Unterschied in der Peak-Architektur, was darauf hindeutet, dass das Produkt unter diesen Bedingungen ohne Schaden gelagert werden kann.

Andere Tests, die als Teil der Stabilitätsexperimente durchgeführt wurden, waren Untersuchungen zur Anfälligkeit für Säure-, Alkali- und Oxidationshydrolyse. Für diese Experimente sind HPLC-Chromatogramme gezeigt, aber es wird keine Schlussfolgerung gezogen. Da die Legende der entsprechenden Abbildung offensichtlich fehlerhaft ist (4 Chromatogramme sind gezeigt, nur drei sind beschrieben), kann nur über die Ergebnisse spekuliert werden. Unter der Annahme, dass (a) der nicht modifizierte Normalzustand ist, kann gefolgert werden, dass alle anderen drei getesteten Bedingungen die Ergebnisse stark beeinflussen, indem sie die Peakform modifizieren. Es sollte jedoch angemerkt werden, dass die für diese Tests verwendeten Bedingungen ziemlich extrem waren, z.B. Fulvestrant in finaler H2O2-Konzentration von 24%, während für andere forced degradation Studien eine finale H2O2-Konzentration von 0,1 bis 3% angewendet wird (siehe z.B. Blessy's Veröffentlichung).

 

Zusammenfassend bietet der Artikel eine wertvolle Option für die Validierung von Fulvestrant. Von den beiden hier diskutierten Methoden unterscheiden sich die Validierungsparameter kaum, beide wurden allen Kriterien unterworfen. In Bezug auf die durchgeführten Experimente und die dargestellten Ergebnisse besteht Optimierungsbedarf. Auf der einen Seite wird zu viel getan, so ist z.B. eine Evaluierung von LOD und LOQ nicht notwendig falls LSV nur zur Gehaltsbestimmung angewendet werden soll. Des Weiteren wären für die Wiederholbarkeit 6 Bestimmungen bei 100% Testkonzentration oder 3 Konzentrationen mit nur 3 Replikaten ausreichend gewesen. Auf der anderen Seite fehlen einige Dinge oder werden nicht gezeigt. Spezifitätsexperimente mit Spiking wurden durchgeführt, wurden aber nicht gezeigt, außerdem fehlen die Grafiken zur Linearität. Es wurde weder eine Bewertung der Robustheit noch der internen Laborpräzision in Form von analyst-to-analyst oder equipment-to-equipment Vergleichen durchgeführt. Nichts wird über den Arbeitsbereich unter Berücksichtigung von Präzision, Richtigkeit und Linearität gesagt. Beide Methoden können für die Bestimmung von Fulvestrant verwendet werden. Für die Verwendung der HPLC als stabilitätsanzeigendes Verfahren wären Experimente, welche Abbauprodukte z.B. aufgrund der Lagerung bei erhöhter Temperatur gezeigt hätten, sehr interessant gewesen. Der größte Vorteil dieser Methoden ist, dass die Durchführungszeiten extrem niedrig sind. Es wäre auch interessant zu sehen, ob die LSV-Methode in ähnlicher Weise auf andere Produkte mit starkem elektrochemischem Verhalten ausgeweitet werden kann.