Was ist Robustheit?
Ist Ihnen jemals in den Sinn gekommen, was passieren würde, wenn die Bedingungen bei der Entwicklung einer analytischen Methode variieren würden? In diesem Artikel werden wir die gleiche Frage mit dem Parameter Robustheit (robustness) behandeln, der im Rahmen der Methodenvalidierung untersucht werden kann, wenn dies nicht schon früher geschehen ist z.B. im Rahmen einer Methodenqualifizierung.
Robustheit ist die Untersuchung einer analytischen Methode, bei der zuverlässige Ergebnisse erhalten werden, selbst wenn die Methode mit leichten Veränderungen durchgeführt wird. Es ist die Fähigkeit einer Methode, unbeeinträchtigt zu bleiben, wenn geringfügige Variationen angewendet werden. Ein allgemeineres Beispiel für diesen Parameter wäre es, sich vorzustellen, dass ein Fußballspieler unter bestimmten Bedingungen mit bestimmten Techniken Elfmeterschüsse übt. Nun wird derselbe Fußballspieler gebeten, die Schüsse mit einem anders dimensionierten Ball, einem kleineren Ziel, bei höherer Umgebungstemperatur oder mit verschiedenen Turnschuhen auszuführen. Wenn die Ergebnisse (statistisch) ähnlich sind, kann die Technik als robust bezeichnet werden.
Der Begriff Robustheit (robustness) kann sich - abhängig von der Definition - von dem Begriff „Unempfindlichkeit“ (ruggedness) unterscheiden. In der älteren Literatur wurde „ruggedness“ im USP-Kapitel <1225> verwendet, um (Methoden-) Variationen zu beschreiben, die gemäß der ICH Q2(R1) als "interne Laborpräzision" (intermediate precision) bekannt sind. Im aktuellen USP-Kapitel ist dies harmonisiert. Andere schlagen vor, den Begriff „ruggedness“ zu verwenden, wenn externe Faktoren (wie verschiedene Analytiker und Instrumente) analysiert werden [was somit ja in die gleiche Richtung geht wie interne Laborpräzision], und Robustheit für interne Faktoren, die die Stabilität des Verfahrens charakterisieren (wie z.B. die Fließgeschwindigkeit der mobilen Phase oder die Säulentemperatur bei HPLC-Methoden). Da in der ICH Q2(R1) nur der Begriff Robustheit auftaucht, nicht zwischen robustness und ruggedness unterschieden wird und sie korrekte Definitionen für die interne Laborpräzision und die Vergleichspräzision liefert, können alle anderen variablen Faktoren, die die Leistungsfähigkeit der Methode beeinflussen, als Parameter der Robustheit angesehen werden.
Abbildung: (links) Der Fußballspieler übt unter bestimmten Bedingungen seine Elfmeterschüsse. (rechts) Derselbe Fußballspieler versucht die Schüsse unter leicht veränderten Bedingungen (hier: ein größerer Ball, ein sonnigerer Tag und höhere Temperaturen) zu wiederholen.
Für analytische Methoden hängt die Untersuchung der Parameter für die Robustheit von der Art der zu evaluierende Methode ab. Die Methodenvalidierungsrichtlinie ICH Q2(R1) sowie der ZLG Aide-mémoire AiM 07123101 hat für bestimmte Methoden die zu variierenden Bedingungen klar definiert:
Im Falle der Flüssigkeitschromatographie sind nachfolgende Beispiele typische Variationen:
- Einfluss von Schwankungen des pH-Wertes in der mobilen Phase;
- Einfluss von Variationen in der Zusammensetzung der mobilen Phase;
- verschiedene Säulen (verschiedene Chargen und / oder Lieferanten und / oder unterschiedlichen Alters);
- Temperatur;
- Flußrate;
- evtl. eine andere Wellenlänge bei der UV-Detektion.
Beispiele typischer Variationen sind bei der Gaschromatographie:
- verschiedene Säulen (verschiedene Chargen und / oder Lieferanten);
- Temperatur;
- Flußrate.
Die Festlegung der für die Robustheit zu untersuchenden Parameter kann risikobasiert erfolgen.
Es ist leicht verständlich, dass Flüssigkeitschromatographie-Techniken, wie die HPLC, oft empfindlich gegenüber leichten Änderungen sind. Eine etwas viskosere mobile Phase oder ein geringerer Durchmesser der Säule kann zu Druckschwankungen, unzureichenden Trennungen und wiederum zu einer möglichen Beschädigung der analytischen Säule führen oder "nur" die Ergebnisse beeinträchtigen. In ähnlicher Weise kann eine Änderung der Säulentemperatur die Viskosität der Fließgeschwindigkeit beeinträchtigen und damit direkt auf die Ergebnisse einwirken, z.B. in Form veränderter Retentionszeiten.
Im Idealfall bezieht sich Robustheit auf Änderungen, die an der Methode im selben Labor vorgenommen werden. Robustheit kann jedoch auch als die Möglichkeit angesehen werden, die analytische Methode in verschiedenen Laboratorien durchführen zu können (was dann durch den Parameter Vergleichspräzision - reproducibility - untersucht wird).
Wie bereits erwähnt, wird die Robustheit nicht als Validierungsparameter im engeren Sinne betrachtet, da sie in der Regel bereits während der Methodenentwicklung untersucht wird, nachdem die Methode (zumindest teilweise) optimiert wurde. Daher ist die Untersuchung der Robustheit während der Entwicklung sinnvoll, da Parameter, die die Methode beeinflussen, leicht identifiziert werden können, wenn sie zu Optimierungszwecken verändert werden. Im Hinterkopf behalten sollte man z.B. auch, dass besonders kritische Materialien wie z.B. der verwendete Säulentyp bei einer HPLC-Methode oder die Fertiggele bei einer SDS-PAGE eines bestimmten Herstellers irgendwann einmal eventuell nicht mehr verfügbar sein könnten. Es kann daher empfehlenswert sein, solche Materialien gleich von Anfang an von (zwei) verschiedenen Herstellern bei der initialen Validierung zu berücksichtigen. Im ZLG Aide-mémoire AiM 07123101 wird des Weiteren erwähnt, dass nebst der Probenaufarbeitung (z.B. Temperatur- und Zeiteinfluss bei Extraktions- oder Lösungsvorgängen) auch die Stabilität des Analyten über die Messzeit, sowie der Ausschluss von Absorptions- und Adsorptionseffekten an Filtern, Gefäßwänden, Leitungen usw. im Zuge der Robustheit untersucht werden können.
Ein guter Weg der Analyse der Robustheit wurde von M. Jimidar et al. während der Studie "Method Validation and Robustness Testing of an Enantioselective CE Method for Chemical Quality Control" gezeigt. Die Autoren identifizierten alle möglichen Faktoren, die die Methode im Prinzip beeinflussen könnten und haben Robustheitsstudien an ihnen durchgeführt (siehe nachfolgende Tabelle):
Faktor | Einheit | Grenzen | Stufe (-1) | Stufe (+1) | Nominal | |
1 | Konzentration von Cyclodextrin im Pufferelektrolyten | mg / 25 mL | ± 10 mg | 476 | 496 | 486 |
2 | Konzentration des Puffers | mg / 100 mL | ± 20 mg | 870 | 910 | 890 |
3 | pH des Puffers | - | ± 0,2 | 2,8 | 3,2 | 3,0 |
4 | Injektionszeit | s | ± 0,5 s | 2,5 | 3,5 | 3,0 |
5 | Säulentemperatur | °C | ± 2°C | 18 | 22 | 20 |
6 | Spülzeit Lösungsmittel 1 (Wasser) | min | ± 0,2 min | 1,8 | 2,2 | 2,0 |
7 | Spülzeit Lösungsmittel 2 (Pufferelektrolyten) | min | ± 0,2 min | 3,8 | 4,2 | 4,0 |
In diesem Fall erwies sich die Methode als sehr robust und konnte erfolgreich in verschiedene Laboratorien in Europa, der USA, Japan und China transferiert werden.
Zusammenfassend ist die Robustheit ein bedeutender Parameter, der bei der Entwicklung und Validierung analytischer Methoden untersucht wird und die Funktionalität der Methode unter leicht unterschiedlichen Bedingungen beweist. Darüber hinaus ist eine robuste Methode einfacher zu transferieren.