Validierung mikrobiologischer Methoden

Geschrieben von Dr. Janet Thode Veröffentlicht in Methodenvalidierung

Mikrobiologische Methoden finden in der pharmazeutischen Industrie in vielfacher Zahl Anwendung. Auf Grund der Tatsache, dass mit lebenden Organismen gearbeitet wird, sind bei der Versuchsdurchführung viele Faktoren zu berücksichtigen. Viele traditionelle Methoden haben sich über die Jahre etabliert und sind in den Arzneibüchern als Maß aller Dinge vorgegeben (Arzneibuchmethoden). Ihre Anwendung ist unter Beachtung der entsprechenden Vorgaben ohne eine spezifische Überprüfung (Validierung) möglich, eine Verifizierung ist ausreichend. Auf Grund neuerer technischer Methoden gibt es die Möglichkeit, alternative Methoden einzusetzen, die ein Labor oder Unternehmen selbst entwickelt. Um sicherzustellen, dass auch diese Prüfung nachweislich zu einem korrekten Ergebnis führt, ist diese vorab zu validieren.

Das bedeutet, dass Versuchsbedingungen und die Durchführung auf ihre Eignung im Rahmen einer Methodenvalidierung überprüft werden müssen. Ein regulatorischer Überblick hilft, sich über die einzelnen Anforderungen zu informieren und zu verstehen, was bei der Validierung mikrobiologischer Methoden zu bedenken ist.

 

Welche verschiedenen Arten mikrobiologischer Methoden gibt es?

Um die Thematik rund um die Validierung mikrobiologischer Methoden besser zu verstehen, gilt es zunächst zu definieren, welche Arten von mikrobiologischen Methoden es gibt. In der Regel unterscheidet man hierbei drei verschiedene Varianten, wobei diese auch kombiniert werden können:

a) Qualitative Nachweise:

Bei qualitativen, mikrobiologischen Tests geht es darum, zu prüfen, ob in einer bestimmten Probe Mikroorganismen vorhanden sind oder nicht. Ein Beispiel hierfür ist die Prüfung auf Sterilität (z.B. gemäß USP <71> oder Ph. Eur. 2.6.1). In der Regel wird dabei so vorgegangen, dass ein spezifizierter Anteil der Probe entweder in Bouillon als Flüssigmedium oder auf einen festen Nährboden gegeben wird. Das Wachstum potentieller Keime lässt sich nach entsprechender Inkubation anhand einer Trübung des Flüssigmediums oder durch kolonienbildende Einheiten auf dem Nährboden erkennen.

b) Quantitative Nachweise:

Bei quantitativen Prüfungen gilt es nicht nur herauszufinden, ob sich Mikroorganismen in einer bestimmten Probe befinden, sondern auch wie viele. Ein Beispiel hierfür ist die Lebendkeimzahlbestimmung (z.B. gemäß USP <61> oder Ph. Eur. 2.6.12) oder die Durchflusszytometrie.

c) Tests zur Identifizierung:

Bei diesen Tests gilt es nachzuweisen, welche spezifischen Keime in einer Probe vorhanden sind. Häufig werden hierfür biochemische Testverfahren angewendet. Dabei werden unterschiedliche Eigenschaften der Mikroorganismen untersucht. Darunter fallen morphologische Merkmale, wie z.B. Größe, Aussehen oder Gram-Verhalten. Des Weiteren werden physiologische Eigenschaften betrachtet und der Nachweis bestimmter aktiver Enzyme im Bakterium angestrebt. Ebenfalls werden für Identifizierungen Tests zur Untersuchung der DNA-Sequenz oder des Zellwandaufbaus herangezogen.

 

Welche regulatorischen Vorgaben gibt es und wie sollte demnach vorgegangen werden?

Für die Validierung mikrobiologischer Methoden gibt es mehrere regulatorische Vorgaben, die je nach Anwendungsgebiet zu berücksichtigen sind:

USP (United States Pharmacopeia)

Das amerikanische Arzneibuch enthält mehrere Kapitel, die für mikrobiologische Methoden relevant sind. Besonders interessant sind die USP Kapitel <1113>, <1223> und <1227>, deren Inhalte wir im Folgenden zusammengefasst haben:

USP <1113> (Mikrobiologische Charakterisierung, Identifizierung und Typisierung):

Dieses Kapitel beschreibt die verschiedenen Möglichkeiten zur Identifizierung bestimmter Keimarten und der Verifizierung solcher Methoden. So kann die Bestimmung eines Bakterienstamms notwendig werden, wenn Grenzwerte überschritten werden oder Abweichungen bei einem aseptischen Abfüllprozess eines Arzneimittels auftreten. Für die Identifizierung eines Bakteriums ist wichtig, dieses zu isolieren und anschließend unter optimalen Umgebungsbedingungen zu kultivieren. Darauf folgt die Beurteilung der äußeren Erscheinung (z.B. Farbe und Form der kolonienbildenden Einheiten) sowie die Gram- bzw. Sporenfärbung. Im Anschluss findet ein biochemisches Screening statt, welches Tests zum Nachweis spezifischer Enzyme (Oxidase, Katalase, Koagulase) beinhaltet. Bei Bedarf gibt es weiterführende Prüfungen:

  • Phänotypische Methoden: Hierunter fällt z.B. der Nachweis bestimmter Fettsäuren / Fettsäureprofile oder beispielsweise die Gesamtzell-Zusammensetzung mittels MALDI-MS. Wichtig ist, dass die Bakterien zuvor unter optimalen Bedingungen in ausreichender Menge als Monokultur wachsen.
  • Genotypische Methoden: Sie sind notwendig für eine noch spezifischere Typisierung der Mikroorganismen (z.B. durch PCR, 16S und 23S rRNA Sequenzierung oder Hybridisierungstechniken); sie sind technisch aufwendig und werden meist im Lohnauftrag von speziellen Laboren durchgeführt.

Für die Verifizierung der zuvor beschriebenen Methoden gibt das USP-Kapitel ebenfalls Hinweise. So sind verwendete Reagenzien, Referenzorganismen und Instrumente vor Verwendung in Bezug auf ihre Eignung zu prüfen. Des Weiteren ist für den funktionierenden Nachweis einer Methode das Vorweisen von bis zu 50 erfolgreichen Identifizierungen notwendig. Eine Paralleltestung mit einem Referenzlabor ist hier denkbar. Eine andere Variante ist der Vergleich in Bezug auf eine bereits zugelassene Methode oder das erfolgreiche Identifizieren bereits bekannter Keimarten. In der Regel sollte eine Übereinstimmung von mindestens 90% als Erfolgsquote für die Verifizierung herangezogen werden. Die wichtigsten Verifizierungsparameter sind Richtigkeit und Reproduzierbarkeit (reproducibility). Zudem sind Sensitivität, Spezifität sowie positiver und negativer Vorhersagewert zu prüfen.

USP <1223> (Validierung alternativer mikrobiologischer Methoden):

Das Kapitel <1223> der amerikanischen Pharmakopöe ist ein sehr umfangreiches Kapitel, welches Aufschluss darüber gibt, was Unternehmen beachten müssen, wenn sie eine alternative mikrobiologische Methode anwenden möchten. Dabei bezieht sich das Kapitel sowohl auf quantitative als auch auf qualitative Tests. Wie eingangs erwähnt, sind mikrobiologische Tests von vielen Faktoren abhängig. Dazu zählen unter anderem das verwendete Nährmedium, Inkubationsbedingungen, physischer Zustand der Mikroorganismen und das zu testende Probenmaterial. All diese Größen haben einen möglichen Einfluss auf das Bakterienwachstum und können Testergebnisse verändern. Möchte ein Unternehmen eine neue Methode als Routinemethode einsetzen, sollte es zunächst definieren, welche internen Anforderungen an die neue Methode existieren. Dies bezeichnet die USP als sogenannte "User Requirements". Es sollte im Vorfeld festgelegt sein, welches Equipment für die Durchführung des Tests von Nöten ist und ob die alternativ anzuwendende Technologie mit bereits anerkannten Arzneimethoden vergleichbar ist. Auch das mögliche zu testende Probevolumen sollte Berücksichtigung finden. Wurde das Equipment beschafft, muss dies vor Start der Validierung qualifiziert werden. Hierbei ist zu prüfen, ob das Gerät die zuvor festgelegten Anforderungen erfüllt. Details dazu finden sich z.B. im USP-Kapitel <1058>.

Für die Validierung beschreibt die USP unterschiedliche Validierungsparameter, die je nach Testmethode zu beachten sind, einen Kurzüberblick gibt nachfolgende Tabelle:

Validierungsparameter Qualitativer Test Quantitativer Test
  Richtigkeit  -  +
  Präzision  -  +
  Spezifität  +  +
  Nachweisgrenze (LOD)  +  +
  Bestimmungsgrenze (LOQ)  -  +
  Linearität  -  +
  Arbeitsbereich  -  +
  Robustheit  +  +
  Wiederholbarkeit  +  +
  Unempfindlichkeit  (ruggedness)  +  +
  Äquivalenz  +  +
 - Nicht gefordert + erfordert

Ein entscheidender Parameter ist die Äquivalenz. Es muss gezeigt werden, dass die alternative Methode im Vergleich mit einer Arzneibuchmethode gleichwertig oder besser ist. Das kann z.B. bei einer Keimzahlbestimmung dadurch gezeigt werden, dass kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Ergebnissen beider Methoden vorliegt. Eine Verbesserung kann bei einem quantitativen Test beispielsweise eine höhere Sensitivität sein.

USP <1227> (Validierung mikrobieller Regenerierung nach antimikrobieller Belastung durch pharmazeutische Produkte):

Dieses Kapitel befasst sich speziell mit der Validierung von Methoden zur Regenerierung / Wiederfindung (recovery) von Keimen, die antimikrobieller Belastung ausgesetzt waren. Dies ist z.B. der Fall, wenn das Arzneimittel als Antibiotikum per se eine antimikrobielle Wirkung aufweist. Dabei beschreibt die USP zunächst, welche Einflussfaktoren es gibt und inwieweit diese bei einer Validierung Beachtung finden sollten. Ein großes Augenmerk wird dem Neutralisationsmittel gewidmet. So gibt es drei verschiedene Optionen, um die antimikrobielle Wirkung auszuschalten: chemische Mittel bzw. Enzyme, Verdünnung und Membranfiltration. Ggf. kann eine Kombination dieser Varianten notwendig sein.

Bei einer Validierung gilt es Folgendes zu zeigen: Zum einen muss das Neutralisationsmittel nachweislich die antimikrobielle Wirkung des Produkts hemmen, zum anderen darf das verwendete Mittel keine toxische Wirkung auf die Mikroorganismen haben. Um dies nachzuweisen, sind drei verschiedene Testgruppen in einer mind. 3-fach-Bestimmung anzufertigen:

  • Produkt + Neutralisationsmittel + Keime
  • Neutralisationsmittel + Keime (ohne Probe)
  • Puffer + Keime (Positivkontrolle)

Um die Validierung auswertbar zu machen, muss eine bestimmte Anzahl kolonienbildender Einheiten auf dem späteren Agar mit Sicherheit wachsen. Zur Ermittlung dieser Zahl liefert das Kapitel ebenfalls nützliche Hinweise.

 

Europäische Pharmakopöe (Ph. Eur.)

Abschnitt 5.1.6 der aktuellen Ausgabe (9.2) der europäischen Pharmakopöe gibt eine gut strukturierte Übersicht darüber, wie alternative mikrobiologische Methoden entwickelt und validiert werden. Es wird erwähnt, dass herkömmliche Methoden zwar bewährt, zum Teil jedoch sehr langsam sind und daher Alternativen zu Arzneibuchmethoden eine immer größere Bedeutung erhalten. Denn selbst, wenn sie nicht direkt zur Freigabe spezifischer Produkte herangezogen werden, sind sie durchaus nützlich für Inprozesskontrollen (IPK) oder im Rahmen des Umgebungsmonitorings.

Der Abschnitt geht detailliert auf alternative Methoden ein und beschreibt, welche Prinzipien ihnen zugrunde liegen und wo die Vor- und Nachteile liegen. Dabei bezieht sich die Pharmakopöe auf alle drei Gruppen mikrobiologischer Tests. Diese Auflistung erleichtert es den Unternehmen eine für sie passende Methode zu finden.

Auch für die Durchführung der Validierung macht das Arzneibuch deutlich, was gefordert ist und welche Dokumente zu erstellen sind. Wie die USP fordert die Ph. Eur. zunächst das Festlegen der internen Anforderungen in einer URS (User Requirement Specification, bzw. auch als Lastenheft bezeichnet). Im Anschluss erfolgt eine Risiko-Nutzen-Analyse. Diese ist wichtig, um herauszuarbeiten, welche Vorteile die alternative Methode gegenüber der Arzneibuchmethode hat und ob ggf. neue Risiken entstehen. Eine detaillierte und gut durchdachte Risikoanalyse hilft, die späteren Validierungsparameter festzulegen und sicherzustellen, dass die in der URS gemachten Forderungen eingehalten werden.

Bzgl. der Validierung unterscheidet die Ph. Eur. zwischen der Primärvalidierung und der Validierung für ein spezifisches Produkt (validation for the intended use). Die Primärvalidierung erfolgt in der Regel vom Hersteller des einzusetzenden Geräts und dient der Charakterisierung des Detektionsprinzips. Das pharmazeutische Unternehmen muss anschließend „nur“ noch die Validierung für den beabsichtigen Gebrauch durchführen. Gemäß der gängigen Vorgehensweise sind hierfür die vier Phasen einer Qualifizierung notwendig (DQ, IQ, OQ, PQ).

Unter die PQ fällt dann die eigentliche Methodenvalidierung, bei der die nachfolgend in der Tabelle je nach Art der Methode genannten Parameter abzuprüfen sind:

Validierungsparameter Qualitativer Test Quantitativer Test Test zur Identifikation
  Richtigkeit  + (1)  +  +
  Präzision  -  +  -
  Spezifität  +  +  +
  Nachweisgrenze (LOD)  +  - (2)  -
  Bestimmungsgrenze (LOQ)  -  +  -
  Linearität  -  +  -
  Arbeitsbereich  -  +  -
  Robustheit  +  +  +
  Suitability testing  +  +  -
  Äquivalenz  +  +  -
- Nicht gefordert + erfordert 1 kann ggf. alternativ zu LOD gemacht werden 2 kann in einigen Fällen nötig sein

 

PDA TR 33 (Parenteral Drug Association Technical Report 33)

Der Bericht wurde erstmals 2002 veröffentlicht und zuletzt 2013 überarbeitet. Er befasst sich mit der Implementierung alternativer bzw. schneller mikrobiologischer Methoden (rapid microbiological methods) und kann als Ergänzung (und Update) zu den in den Arzneibüchern gemachten Vorgaben gesehen werden. Das Ziel ist es, Hilfestellung für pharmazeutische Unternehmen zu liefern, um neue Methoden erfolgreich zu validieren und die behördlichen Anforderungen zu erfüllen.

 

EU GMP Leitfaden, Annex 15, Kapitel 9 (ZLG Aide-mémoire 07123101)

Zwei zu beachtende Aspekte zur Validierung mikrobieller Methoden werden auch im Annex 15 des EU GMP Leitfadens genannt, welche auch vom ZLG Aide-mémoire AiM 07123101 aufgegriffen werden:

  • Die Validierung mikrobiologischer Methoden, die a) zur Überprüfung der mikrobiologischen Qualität von Produkten (à Arzneimitteln bzw. deren Wirk- und Hilfsstoffen) oder b) zur mikrobiologischen Überwachung der Oberflächen von Reinräumen eingesetzt werden, soll jeweils belegen, dass die mikrobiologische Wiederfindung nicht durch das Produkt (a) oder die Reinigungs- und Desinfektionsmittel (b) beeinträchtigt ist. Der AiM bezieht sich dabei auch auf Kap. 5.1.4 der Ph. Eur..

Der AiM bezieht sich dabei auch auf Kap. 5.1.4 der Ph. Eur.

 

Fazit

Die Validierung mikrobiologischer Methoden ist ein komplexes Thema, bei dem Unternehmen im Vorfeld viele verschiedene Faktoren berücksichtigen müssen. Ein regulatorischer Überblick (Ph. Eur. 5.1.6 bzw. USP <1113>, <1223> und <1227>) hilft zwar, sich mit den Vorgaben vertraut zu machen, liefert aber keine Standardlösung. Die jeweiligen Anforderungen und Versuchsbedingungen müssen daher individuell von den verantwortlichen Mitarbeitern in Teamarbeit entwickelt werden, um unter Berücksichtigung der Vorteile und Risiken eine nachweislich funktionierende Methode zu etablieren. Der technische Report 33 der PDA kann dabei eine gute Hilfestellung sein.