Was sind Systemeignungstests analytischer Methoden?

Geschrieben von Dr. Janet Thode Veröffentlicht in Methodenvalidierung

Im heutigen Blog-Artikel erfahren wir mehr über den Systemeignungstest (System Suitability Test, SST) einer analytischen Methode im pharmazeutischen Umfeld, seine Bedeutung für die Qualitätskontrolle (QC) von Arzneimitteln und wie er sich von Qualifizierung analytischer Geräte (Analytical Instrument Qualification, AIQ) unterscheidet.

Der Systemeignungstest wird verwendet, um zu verifizieren, dass eine analytische Methode für den beabsichtigten Zweck am Tag der Analyse geeignet war. Er ist ein wesentlicher Parameter, um die Qualität der Methode für die korrekte Messung zu bestätigen. Bei jeder Analyse wird ein SST durchgeführt. Jeder SST ist methodenspezifisch und hat vordefinierte Akzeptanzkriterien für bestimmte Parameter, z.B. Extinktionswerte zwischen 0,2 und 1,0 für eine photometrische Methode zur Gehaltsbestimmung oder entsprechende „Auflösungsfaktoren“ bei chromatographischen Methoden.

 

Systemeignungstest versus Qualifizierung analytischer Geräte

Es ist erwähnenswert, dass SSTs nicht mit dem Prozess der Qualifizierung analytischer Geräte verwechselt werden sollten. Ein Labor sollte auf keinen Fall einen SST auslassen mit der Begründung, dass es ja bereits eine Gerätequalifizierung durchgeführt habe. Und umgekehrt gilt dies genauso, wie im Aide-mémoire AiM 07123101 der ZLG betont wird: „Eine Systemeignungsprüfung (sie ist immer methodenspezifisch), wie im Arzneibuch gefordert, ersetzt im Übrigen nicht die erforderliche Qualifizierung eines Analysengerätes.“. Dies ist ein großer Fehler, da sowohl das amerikanische Arzneibuch (United States Pharmacopoeia; USP) als auch die europäische Pharmakopöe (Ph. Eur.) eindeutige Empfehlungen hinsichtlich der Durchführung von SSTs machen (z.B. für chromatographische Methoden siehe USP <621> oder Ph. Eur. Kapitel 2.2.46) und FDA warning letters bei Fehlverhalten erstellt werden, wie in diesem Beispiel zu sehen ist. Bei fehlgeschlagenem SST darf die Methode nicht für die Analyse der entsprechenden Proben eingesetzt werden, siehe auch USP Kapitel <1034>: "If an assay (or a run) fails system suitability, the entire assay (or run) is discarded and no results are reported other than that the assay (or run) failed.". Obwohl beide Aspekte (SST vs. Gerätequalifizierung) unterschiedlicher Art sind, stellen sie beide die Qualität der erzielten Ergebnisse in einem QC-Labor sicher.

Die Gerätequalifizierung kann als Basis für alle analytischen Methoden angesehen werden. Sie beweist, dass das Gerät wie vom Hersteller vorgesehen über die vom Labor definierten Betriebsbereiche funktioniert. Eine Gerätequalifizierung wird initial nach Erhalt des neuen Gerätes und später in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Wie es der Name schon sagt, ist sie also gerätebezogen, während der SST methodenbezogen ist. Ein SST wird jeweils unmittelbar vor oder parallel zur Analyse der zu untersuchenden Proben durchgeführt. Die Grundlage für zuverlässige SSTs ist, dass das Gerät zuvor entsprechend qualifiziert und die Methode validiert wurde. Das USP Kapitel <1058> definiert den Systemeignungstest als "Verify that the system will perform in accordance with the criteria set forth in the procedure. These tests are performed along with the sample analyses to ensure that the system's performance is acceptable at the time of the test.". Diese Aussage stellt die Frage, ob die am entsprechenden Gerät / System angewandte Methode an dem Tag, an dem die Proben analysiert werden, erwartungsgemäß funktioniert.

 

Kriterien von Systemeignungstests für chromatographische Methoden

Werfen wir doch einen detaillierteren Blick auf dieses Thema mit einem Beispiel eines chromatographischen Systems.

Der Erhalt richtiger und präziser chromatographischer Daten ist ein gutes Zeichen für ein funktionierendes chromatographisches System, wie z.B. eine HPLC-Anlage. In einem Chromatogramm gibt es mehrere Faktoren, die gegebenenfalls für den SST herangezogen werden können. Einige Beispiele sind wie folgt:

  1. Präzision in Form von Injektions-Wiederholbarkeit (injection repeatability): Dies zeigt die Leistung des Systems in der vorgegebenen Umgebung, nach erfolgter Installierung und unter Verwendung der entsprechenden Säule. Sofern in einer spezifischen Monographie nicht anders angegeben, werden 5 Replikate eines Standards verwendet, wenn eine relative Standardabweichung (RSD) von maximal 2,0% gefordert ist, und 6 Replikate bei einer geforderten RSD > 2,0%. Eine Berechnung der maximal zulässigen RSD ist ebenfalls in USP <621> aufgeführt. Es sollte berücksichtigt werden, dass die gemessenen Werte der Probe im Vergleich zu denen des Referenzstandards um nicht mehr als die ermittelte RSD der soeben beschriebenen Injektions-Wiederholbarkeit abweichen dürfen. Im Gegensatz dazu macht die Ph. Eur. strengere Vorgaben zur Wiederholpräzision (repeatability), was insbesondere bei engen Grenzen der Spezifikation sinnvoll ist. Die Vorgaben basieren nämlich auf einer Formel, bei welcher sowohl die Spezifikationsobergrenze als auch die Anzahl der zu injizierenden Replikate (3 bis 6) berücksichtigt sind. Maximal erlaubt ist eine Wiederholpräzision von 1,27% bei einem B von 3,0 (also einer Spezifikationsobergrenze von 103,0%) und 6 Replikaten.
  2. Signal-Rausch-Verhältnis (S/N): Dieser Parameter kann als SST sinnvoll sein.
  3. Relative Retention (r): Dies ist ein wichtiger Parameter im Falle von Reinheitsbestimmungen. Die relative Retention misst die relative Position zweier einzelner Peaks (wobei einer die zu untersuchende Substanz und der andere der korrespondierende Referenzstandard dazu ist).
  4. Auflösung (RS): Dieser Parameter ist wesentlich für Quantifizierungen und zeigt an, wie gut zwei Peaks getrennt sind unter Berücksichtigung ihrer Retentionszeiten und der unteren Peakbreite. Dieser Parameter ist nützlich, wenn es um Interferenzen möglicher Peaks geht. Eine eindeutige und klare Trennung einzelner Peaks ist bei Quantifizierungen unerlässlich.
  5. Kapazitätsfaktor (auch als Retentionsfaktor k bekannt): Er gibt das Verhältnis der Menge (oder Zeit) der Substanz in der stationären Phase gegenüber der in der mobilen Phase an. Dies bedeutet im Wesentlichen die Lage des Hauptpeaks in Bezug auf das Totvolumen. Die Peaks müssen absolut frei von Luftblasen sein.
  6. Tailing-Faktor (auch als Symmetriefaktor AS bezeichnet): Peak-Tailing ist ein notorisches Phänomen und kann die Bestimmung der Genauigkeit eines chromatographischen Systems stark beeinflussen, da die Integration der Peaks sehr schwierig sein kann, wenn das Ende eines Peaks aufgrund von Tailing nicht besonders gut erkennbar ist. Es ist wichtig, den genauen Ort des Anstiegs und Abfalls bestimmen zu können, andernfalls kann es zu sinkender Genauigkeit kommen.

 

Etablierung eines Systemeignungstests

Wenn sie nicht bereits früher festgelegt worden sind (z.B. während einer Methodenqualifizierung), werden die Kriterien für den SST während der Methodenvalidierung festgelegt. Für die Ermittlung des SSTs sollten einige nützliche Punkte beachtet werden:

  • Wenn möglich, sollten die Probe und der Referenzstandard in der mobilen Phase oder in einer ähnlichen Menge organischen Lösungsmittels gelöst werden.
  • Die Konzentration der Probe und des Referenzstandards sollte vergleichbar sein.
  • Bei der Filtration von Proben ist zu bedenken, dass neben der Abreicherung von Partikeln leider auch eine Adhäsion des Analyten an den Filter, insbesondere bei niedrigeren Analytkonzentrationen, auftreten kann.

 

Beispiele für SSTs anderer Methoden

Bei einem Wirkstoffhersteller, der seinen Wirkstoff rekombinant in E.coli herstellen möchte, ist es notwendig, die zur Produktion einzusetzenden E.coli-Stämme zum Nachweis des codierenden Plasmids auf Antibiotikaresistenz zu testen. Bei diesem Test werden die Bakterien auf Antibiotikahaltigem Medium ausplattiert. Ein dabei mitzuführender SST kann das gleichzeitige Ausplattieren einer gesicherten Positivkontrolle sowie eines plasmidfreien Stamms als Negativkontrolle umfassen. Um die Lebensfähigkeit des plasmidfreien Stamms dabei zu belegen, ist dieser dann parallel auch auf einem selektionsfreiem Medium zu inkubieren.

Die Anwendung einer gesicherten Positivkontrolle macht auch Sinn als SST bei einem Test zur Identifikation von E.coli mit Hilfe selektiver chromogener Nährmedien. Im Falle von nicht vorhandenem Wachstum weist es eine mangelnde Güte des Nährmediums nach und andererseits hilft es bei der Unterscheidung zwischen farbigen und farblosen Kolonien.

Bei einer SDS-PAGE ist die klare Auftrennung der Banden eines mitgeführten Größenmarkers im Gel eine übliche Möglichkeit für einen SST. Des Weiteren kann definiert werden, wo sich die Banden eines mitgeführten Referenzstandards zu befinden haben, da ihre Größen ja bekannt sind. Falls dabei eine Quantifizierung erfolgen soll, wofür verschiedene Konzentrationen des Referenzstandards aufgetragen werden, kann auch das Bestimmtheitsmaß der daraus ermittelten Linearität ein SST-Kriterium sein.

Für eine photometrische Proteinbestimmung können z.B. mehrere Messungen eines Referenzstandards bekannter Konzentration erfolgen und die Standardabweichung der Messwerte darf nicht mehr als um einen definierten Wert schwanken. Zudem könnte für einen erfolgreichen SST der Mittelwert der Messungen des Referenzstandards in einem bestimmten Bereich um die bekannte Konzentration zu liegen haben, z.B. ± 5% vom Sollwert.

Im Falle eines ready to use ELISA-Kits z.B. zur Bestimmung der Host Cell Protein (HCP)-Konzentration, kann es als SST ausreichend sein, zu überprüfen, ob die Mittelwerte des kleinsten und größten Standards im Rahmen der Spezifikation des Herstellers liegen.

Diese Beispiele zeigen wie vielfältig und individuell auf die jeweilige Methode zugeschnitten SSTs sein können.

 

Mit einer guten Gerätequalifizierung, korrekter Methodenvalidierung und strengen SST-Kriterien kann die Zuverlässigkeit generierter Daten gewährleistet werden. Nur mit vertrauenswürdigen, validierten Methoden sind die Daten, die im Rahmen der Freigabe- und Stabilitätsanalytik erhoben werden, als glaubwürdig anzusehen.

 

Update 05.09.2019

Kürzlich ist von der FDA auch eine Antwort auf die Frage nach dem bei einem SST einzusetzenden Material einer chromatografischen Methode veröffentlicht worden. Dabei wird erwartet, dass hochreine primäre oder sekundäre Referenzstandards eingesetzt werden, welche zuvor gegen den vorherigen Referenzstandard qualifiziert wurden. Sie dürfen zudem nicht aus der gleichen Charge wie die zu testenden Proben stammen. Zudem wird die Einhaltung schriftlicher Anweisungen erwartet sowie im Hinblick auf Datenintegrität die Vollständigkeit der Aufzeichnungen und deren Prüfung.