Limit-Tests / Grenzprüfungen - (wann) spielen sie eine Rolle?

Geschrieben von Dr. Janet Thode Veröffentlicht in Methodenvalidierung

Im Rahmen der Qualitätskontrolle von Arzneimitteln, ihren Wirkstoffen (und ggf. ihren Hilfsstoffen, sofern diese nicht gleich in Arzneibuch-Qualität bezogen werden) kommen u.a. Reinheitsbestimmungen zum Einsatz. Darunter fallen quantitative Bestimmungen, bei welchen das Ergebnis eine klare Mengen- bzw. Konzentrationsangabe (also ein auf einer Skala messbarer Wert) ist als auch qualitative / semi-quantitative Bestimmungen, bei denen das Ergebnis lediglich einen Rückschluss darauf erlaubt, ob die Verunreinigung vorhanden ist oder nicht bzw. ob sie unter einem bestimmten Grenzwert liegt. Solche Bestimmungen sind auch als „Grenzprüfungen“ oder „limit tests“ bekannt. So manch einer wird bei dem Wort „Grenzprüfung“ mit mehr oder weniger Begeisterung an ein Praktikum zur Arzneistoffanalytik während des Studiums zurückdenken…

 

Was also versteht man unter einer Grenzprüfung?

Grenzprüfungen sind Methoden zur Reinheitsprüfung, die dazu verwendet werden, (± häufig vorkommende) Verunreinigungen zu detektieren, welche nur in geringen Mengen toleriert werden können. Meistens wird dabei wird die zu testende Substanz mit einer Referenzsubstanz verglichen, die die zu untersuchende Verunreinigung in bekannter Konzentration enthält (Vergleichsprüfung). Dadurch kann eine semiquantitative Aussage über die Testsubstanz getroffen werden.

 

Warum sind solche Grenzprüfungen wichtig?

Die Verunreinigungen, die mit Grenzprüfungen untersucht werden können, können sehr vielfältig sein. Sie reichen von Endotoxinen, Hepatitis C Virus RNA über verschiedene (Metall-) Ionen bis hin zu Nitrosaminen und Arsen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Entsprechend ihrer Vielfalt können sie aus ganz unterschiedlichen Quellen in das Arzneimittel gelangen, wie beispielsweise durch den Einsatz bestimmter Reagenzien während der (chemischen) Synthese im Herstellprozess, durch kontaminiertes Wasser, durch Aufnahme aus dem Boden (z.B. bei pflanzlichen Wirkstoffen), durch bakterielle bzw. virale Kontamination oder durch die Abgabe aus ungeeigneten Rohrleitungen oder, oder, oder… Je nach Substanzklasse können solche Verunreinigungen zwar an sich harmlos sein, aber die therapeutische Wirkung des Arzneimittels herabsetzen oder sie können in zu starker Konzentration gesundheitliche Schäden hervorrufen bzw. karzinogen oder toxisch sein. Daher ist ihr Gehalt zu begrenzen, weswegen in den Monografien des Arzneibuchs bzw. von den ICH Q3 Richtlinien Grenzwerte vorgegeben sind.

 

Wie werden Grenzprüfungen praktisch durchgeführt?

Wenn wir einen Wirkstoff untersuchen wollen, der in einer Arzneibuchmonografie gelistet ist, sehen wir uns in der Monografie an, welche Grenzprüfung(en) anzuwenden ist / sind, stellen die entsprechende Prüflösung her und schauen dann bei den allgemeinen Methoden des Arzneibuchs, wie diese Prüfung durchzuführen ist. Dort ist auch die Referenzlösung beschrieben, welche den Grenzwert der Verunreinigung enthält. Zur Analyse können dann je nach Komplexität (und Aktualität) u.a. spektroskopische oder chromatographische (Dünnschichtchromatografie, GC, LC, etc.) Methoden zum Einsatz kommen, aber im einfachsten Falle auch nur unser Auge. So kann es dann je nach chemischer Reaktion z.B. zu einer Trübung (wie beispielsweise bei der Fällung von Chlorid mit Silbernitrat) oder zu einer Farbreaktion kommen. Sowohl die Probe als auch die Referenzlösung werden in gleicher Weise behandelt. Anschließend wird der Grad der Trübung bzw. die Farbintensität der Prüflösung mit der der Referenz verglichen.

 

Und was gibt es zur Validierung von Grenzprüfungen zu sagen?

Die Richtlinie zur Methodenvalidierung ICH Q2(R1) sieht für Validierungen von Grenzprüfungen nur den Nachweis der Spezifität und der Nachweisgrenze vor.

Das ist auch absolut einleuchtend: die Methode muss spezifisch sein, damit man sicher sein kann, dass im Arzneimittelgemisch auch nur die zu untersuchende Verunreinigung erkannt wird und keine falsch positiven Ergebnisse erhalten werden, falls weitere strukturell ähnliche Substanzen vorhanden sein sollten. Genauso muss sichergestellt sein, dass auch die uns interessierende Verunreinigung wirklich erkannt wird und wir keine falsch-negativen Ergebnisse erhalten. In die gleiche Richtung geht auch die Forderung nach der Nachweisgrenze. Da es sich ja um qualitative / semi-quantitative Analysen handelt, muss über die Nachweisgrenze sichergestellt sein, dass unsere Aussagen zum Grenzwert zutreffen.

Den Begriff einer „Methodenvalidierung“ würde ich eher auf in-house entwickelte Methoden (also solche, die nicht in den Arzneibüchern aufgeführt sind) anwenden. Im Falle der in den Arzneibüchern gelisteten Grenzprüfungen würde ich für ein korrektes Wording lieber den Begriff der Verifizierung verwenden. Und was den Umfang der Verifizierung angeht, so ist dieser nach der Komplexität der Methode zu wählen. So simple Bestimmungen wie Sulfatasche bedürfen vielleicht nur einer Überprüfung während bei anderen trotz ihrer Aufnahme im Arzneibuch und eingehender vorheriger Ringversuche die Untersuchung weiterer Validierungsparameter, wie beispielsweise der Richtigkeit und der Robustheit sinnvoll sein kann. Und wenn wir schon bei Robustheit sind, so ist vom praktischen Gesichtspunkt die Gleichbehandlung der Prüf- und der Referenzlösung während der Versuchsdurchführung entscheidend, was sich am einfachen Beispiel einer Fällungsreaktion gut erklären lässt. Eine Fällungsreaktion ist von verschiedenen Faktoren abhängig u.a. natürlich auch von der Zeitdauer. Wenn wir jetzt unsere Prüf- und Referenzlösung unterschiedlich lange reagieren lassen würden ist die Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben. Wir könnten im Falle eines positiven Ergebnisses unserer Prüflösung nicht sagen, ob wir dieses erhalten haben, weil da wirklich so viele Verunreinigungen drin sind oder, weil wir es leider länger als die Referenzlösung inkubiert haben…

 

Aber inwiefern spielen semiquantitative Grenzprüfungen überhaupt noch eine Rolle?

Das ist eine gute Frage. Es gibt einige Limit-Tests, die sich mit Sicherheit aufgrund ihrer Einfachheit, aber auch Zuverlässigkeit je nach Kritikalität des Arzneimittels bewährt haben und wohl auch noch weiterhin Bestand haben werden. Doch wenn man sich die Trends der letzten Jahre ansieht, zeigen z.B. die zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen USP Kapitel <232> und <233>, welche die mehr als 100 Jahre alte kolorimetrische Grenzprüfung auf Schwermetalle ersetzen (das ehemalige Kapitel <231>), dass ein Wandel bitternötig war und manche solcher semiquantitativen Grenzprüfungen inzwischen einfach gnadenlos überholt sind.