Buchvorstellung „Analytische Qualitätskontrolle und pharmazeutische Mikrobiologie“
Wie schon bei einigen der vorherigen Rezensionen ist dieses Buch Teil meiner Urlaubslektüre gewesen und hat mich zusätzlich zu den ohnehin schon heißen Temperaturen ordentlich ins Schwitzen gebracht ;-)
Daher gibt es in diesem Blogbeitrag eine Rezension über das Buch „Analytische Qualitätskontrolle und pharmazeutische Mikrobiologie“, welches von Concept Heidelberg in der ersten Auflage 2015 als Teil der Serie Pharma Technologie Journal im Editio Cantor Verlag (ISBN: 978-3-87193-424-7) herausgegeben wurde.
Aus dem Inhalt
Die einzelnen Kapitel des 198 Seiten umfassenden Buchs sind von unterschiedlichen Autoren/-innen geschrieben worden und umreißen verschiedenste Themenfelder. Dies reicht vom Probenzug über dessen statistische Grundlagen bis hin zu mikrobiologischen Risikobewertungen. Mittels Qualifizierung der Laborgeräte und Validierung (bzw. Verifizierung der im Arzneibuch beschriebenen mikrobiologischen) Analysemethoden (wie beispielsweise der Prüfung auf Sterilität) wird der Erhalt verlässlicher Ergebnisse in der Qualitätskontrolle sichergestellt. Was sich hinter diesen Begriffen verbirgt und was dabei praktisch zu beachten ist, wird eingehend erläutert. Labormethoden werden gemäß der ICH Q2(R1) in Identifizierungsmethoden, Reinheits- und Gehaltsbestimmungen sowie Wirksamkeitstests (Potency Assays) unterteilt. Hier wird in einem Kapitel die Anwendung von NIR-Spektroskopie als ID-Methode behandelt, während ein anderes Kapitel auf Reinheitsbestimmungen und Stabilitätsstudien detaillierter eingeht. Außerdem werden Einblicke in die Nährmedienherstellung sowie an die Anforderungen an Hygienepläne gewährt. Ein Ausflug in den Bereich der Änderungskontrolle (Change Control) rundet das Buch ab.
Mein Eindruck
Die Themenauswahl finde ich grundsätzlich gelungen, lediglich das Kapitel zur Änderungskontrolle ist meiner Ansicht nach eher ein generelles Thema und betrifft nicht explizit nur die Qualitätskontrolle… Durch die unterschiedlichen Autoren/-innen, die in verschiedenen pharmazeutischen Firmen sowie Auftragslaboren tätig sind bzw. langjährig tätig waren, werden die Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit viel Praxiserfahrung beleuchtet. Dies macht das Buch für mich sehr interessant. Bedingt durch den jeweiligen Schreibstil der unterschiedlichen Autoren/-innen steigt und fällt allerdings auch die Qualität der einzelnen Beiträge. So sind einige Kapitel etwas langatmig und leider mit zu vielen Zitaten und Wiederholungen überfrachtet, während andere dagegen durchweg flüssig und anschaulich geschrieben und durch die gebrachten Beispiele sehr verständlich sind. Insgesamt sind die Inhalte informativ, wenn auch teilweise leider veraltet wie beispielsweise analoge Change Control Dokumentation mittels Formblättern (anstatt elektronischen Systemen wie z.B. TrackWise oder Veeva Vault), Orientierung des Hygieneplans an einem Dokument, welches bereits 2005 außer Kraft gesetzt wurde oder die eigene Herstellung mikrobiologischer Nährmedien (ja, vor 20 Jahren habe ich meine Agarplatten auch selber gegossen, inzwischen kenne ich nur noch Labore, wo sie fertig gekauft werden…). Didaktisch kann man die kurzen Zusammenfassungen zu Beginn jedes Kapitels hervorheben und die in vielen Kapiteln gute Bebilderung. Zudem wird jedes Kapitel durch weiterführende Literatur ergänzt. Mancher Sachverhalt ließe sich vielleicht durch eine Tabelle knackiger darstellen, manche Abschnitte könnten gekürzt werden und die wichtigen Highlights durch eine ansprechendere Darstellung hervorgehoben werden, aber das mag vielleicht zum einen Geschmackssache sein, zum anderen handelt es sich hier weniger um ein Lehrbuch als um eine Zusammenstellung von Praxisberichten. Entsprechend ist auch das Fehlen eines Abkürzungsverzeichnisses nicht wirklich zu bemängeln. Etwas seltsam empfand ich jedoch das Auftreten der im Buch vorhandenen Werbeanzeigen…
Und ein paar Worte zum Schluss
Zusammengefasst ist das Buch meiner Ansicht nach durchaus lesenswert, aber thematisch hätte ich im Bereich Qualitätskontrolle mehr erwartet. Beispielsweise fehlen mir ein paar Worte zu Spezifikationen, ein Überblick zur generellen Freigabeprüfung, der Umgang mit nicht spezifikationskonformen Ergebnissen (OOS), Bioassays oder die Grundzüge von Methodenvalidierung und Methodentransfer… Möglicherweise spiegelt dies aber nur meine eigene Erwartungshaltung und meinen diesbezüglichen Wissendurst wider. Dennoch konnte ich auch Neues lernen, wie z.B. den Nachweis spezifizierter Keimarten in nicht-sterilen Arzneimitteln, einem Bereich, in dem ich bislang noch nicht unterwegs war. Es gibt nicht viele deutschsprachige Bücher zum Thema der pharmazeutischen Qualitätskontrolle, daher ist dieses Buch auf jeden Fall für jeden Praktiker aus der QC geeignet, der ein anderes Themengebiet oder eine andere Sichtweise kennenlernen möchte, wenn er Abstriche hinsichtlich der Aktualität in Kauf nimmt. Gleichermaßen ist es für Mitarbeiter anderer Abteilungen empfehlenswert, die über ihren eigenen Bereich hinausschauen und einen ersten Eindruck von der Qualitätskontrolle gewinnen möchten. Einer Empfehlung für Studenten stehe ich zweigespalten gegenüber: Einerseits kann man evtl. einen Eindruck potentieller zukünftiger Arbeitsfelder gewinnen, andererseits mag vielleicht aber auch notwendiges Hintergrundwissen zum Verständnis der dargestellten Inhalte und deren Beurteilung noch fehlen…