Die MIR-Transmissionsspektroskopie als neue Methode zur Überwachung einer Fed-Batch-Bakterienkultur?

Geschrieben von Eva Arnold Veröffentlicht in Über den Tellerrand...

Die mikrobielle Produktion rekombinanter Proteine gehört inzwischen zu einem der wichtigsten Werkzeuge der modernen biotechnologischen Industrie und Wirkstoffforschung. Die Herstellung des Arzneimittels Insulin ist wohl das bekannteste Beispiel.

Bei der Entwicklung und Optimierung eines Systems zur Produktion rekombinanter Proteine muss eine ausreichende Zufuhr von Nährstoffen für ein gutes Wachstum der Bakterien sichergestellt sein. Leider hilft es nicht, einfach einen Überschuss an Nährstoffen zur Verfügung zu stellen, da dies bei Escherichia coli Bakterien die Produktion von wachstumshemmenden Nebenprodukten auslöst, was sich negativ auf die Proteinausbeute auswirkt. Das Ziel ist es also, eine ausreichende Nährstoffzufuhr aufrechtzuerhalten, ohne die Produktion der wachstumshemmenden Produkte auszulösen. Dadurch wird eine hohe Zelldichte und damit einhergehend eine gute Proteinausbeute erreicht.

Zur richtigen Dosierung der Nährstoffzufuhr ist ein System nötig, dass zeitgleich (on-line) mit der Kultivierung der Bakterien die Konzentration der Nährstoffe, der Nebenprodukte und weiterer Faktoren wie den pH-Wert misst, um abhängig davon durch Zufuhr frischer Nährstoffe und Puffersubstanzen die Bedingungen für ein ideales Zellwachstum zu schaffen.

Eines der wachstumshemmenden Nebenprodukte ist Acetat, das durch eine zu hohe Konzentration von Glukose durch einen Überflussmetabolismus von E.coli freigesetzt wird. Aufgrund bisher fehlender on-line-Analysesysteme für Acetat ist eine direkte Anpassung der Glukosezufuhr an die Acetatkonzentration bislang nicht möglich gewesen. Nun stellen die Wissenschaftler der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Richard Biener von der Universität Esslingen eine Methode vor, die dieses Problem beheben kann (Hofmann J et al. (2017) Acetatmessung mit MIR-Transmissionsspektroskopie bei der E.coli-Kultur. BIOspektrum 3:273-275).

In Zusammenarbeit mit einer externen Firma entwickelten sie ein besonderes Mittelinfrarot (MIR)-Spektroskopie-Gerät zur on-line-Analyse von wässrigen Proben. Die MIR-Spektroskopie zur Analyse wässriger Proben verwenden zu wollen ist eine Herausforderung für sich, da Wasser im mittleren Infrarotbereich eine hohe Eigenabsorption zeigt, wodurch die Quantifizierung von im Wasser gelösten Substanzen erschwert wird. Um dieses Problem zu umgehen, haben die Wissenschaftler eine Durchflusszelle entwickelt, die durch ihre extrem definierte Schichtdicke von unter 10 µm die Analyse wässriger Proben innerhalb von Minuten zulässt. Ihnen gelang eine zuverlässige Quantifizierung von Acetat ab einer Konzentration von 5 mg/L, was dem unteren ppm-Bereich entspricht.

Als Modellorganismus diente den Wissenschaftlern ein Prolin-auxotropher E.coli Stamm zur rekombinanten Produktion des grün fluoreszierenden Proteins (GFP). Neben Acetat wurden die Konzentrationen weiterer Metaboliten wie Pyruvat, Succinat und Lactat sowie wichtiger Bestandteile des Nährmediums wie Glukose, Prolin, Ammonium, Sulfat und Citrat mit Hilfe der MIR-Spektroskopie-Methode bestimmt. Interessant ist, dass die Auswertung der Daten mithilfe Datenbank-gestützter Algorithmen erfolgte, was Zeit und Kostenersparnis verspricht, da keine Kalibrierung mehr notwendig ist. Die Übereinstimmung der Daten aus der MIR-Spektroskopie-Methode mit den auf klassische Art (enzymatisch, kolorimetrisch) gemessenen Werten für Glukose, Acetat und Phosphat bestätigt dabei weitestgehend die Stimmigkeit des Algorithmus, wobei anzumerken bleibt, dass der Vergleich der Werte für die restlichen sieben Substanzen nicht erwähnt wird.

Die in diesem Artikel vorgestellte Methode verspricht kurze Messzeiten mit sehr geringem Auswertungsaufwand und ein gutes Potential zur vollen Automatisierung einer Fed-Batch-Kultur. Laut den Wissenschaftlern können mit der MIR-Spektroskopie-Methode auch Proteinstrukturen und -konformationen bestimmt werden, wodurch gleichzeitig zur Wachstumskontrolle eine Qualitätskontrolle der Proteine ermöglicht werden kann. Was in Bezug auf den gewählten Modellversuch fehlt, ist eine Aussage über die Ausbeute des produzierten GFPs.

Mit der MIR-Spektroskopie kann eine Vielzahl von Substanzen parallel detektiert, identifiziert und quantifiziert werden. Durch die hier vorgestellte Möglichkeit, die MIR-Spektroskopie auch bei wässrigen Proben anwenden zu können, eröffnet sich eine große Bandbreite neuer Einsatzgebiete. Von starkem Interesse dürfte diese Methode für die schnelle Qualitätskontrolle während eines Produktionsprozesses in pharmazeutischen Betrieben und insbesondere während der Prozessentwicklung für effektive Screenings sein. Aufwendige HPLC-Methoden könnten durch das neue Verfahren ersetzt werden, wodurch Zeit und Ressourcen gespart werden könnten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der zur Auswertung der Daten verwendete Algorithmus speziell auf den Prozess zugeschnitten sein muss. Inwiefern er sich bei diesen Anwendungsgebieten bewährt, muss noch gezeigt werden.