Buchvorstellung „Validierung bioanalytischer Methoden“

Geschrieben von Dr. Janet Thode Veröffentlicht in Über den Tellerrand...

Kleines Buch – kleine Rezension ?????

Naja, nicht so ganz…

Ich oute mich jetzt mal – als Fan der „essentials“-Reihe! Daher möchte ich mich heute mal über das Buch „Validierung bioanalytischer Methoden“ von Patric U.B. Vogel auslassen, welches 2020 bei Springer Spektrum, Wiesbaden veröffentlicht wurde (ISBN: 978-3-658-31951-9).

Dieses inklusive Literatur 55 Seiten umfassende Büchlein ist ruck zuck durchgelesen und bringt das Wesentliche in kompakter Form auf den Punkt. Was mir an dieser Buchreihe besonders gefällt, ist neben der geringen Seitenzahl das Konzept mit dem „Ein- und Ausstieg“ ins bzw. aus dem Buch. Es spricht mich einfach an, wenn ich bereits vor dem Inhaltsverzeichnis (und ich bin ein begeisterter Inhaltsverzeichnis-Leser) auf einer Seite mit 5 Bullet-Points erfahre, was mich erwartet und mich eine gerade mal 9 Zeilen umfassende Zusammenfassung neugierig macht, das eigentliche Buch lesen zu wollen. Genauso ist es am Ende des Buches, wenn mir wieder ein paar Schlusspunkte mitteilen, was ich aus diesem Büchlein mitnehmen könnte und ich dem einfach nur zustimmen kann…

Aber kommen wir zum Inhalt. Ich gebe zu, der Titel „Validierung bioanalytischer Methoden“ hat mich zunächst etwas in die Irre geführt und mich sofort an Validierungen quantitativer Bestimmungen in biologischen Matrizes im Sinne der ICH M10 denken lassen. So ist das aber gar nicht gemeint, sondern das Buch beschäftigt sich mit bioanalytischen Methoden à la Lottspeich, also mit Methoden zur Analyse von Biomolekülen, wie Proteinen, Nukleinsäuren, Kohlenhydraten und Lipiden sowie im weiteren Sinne von Viren und Zellen. Nach einem Beiseiteschieben meiner Anfangsirritation hat mir der Aufbau mit Einleitung, gefolgt von den Methodenkategorien gemäß der ICH Q2(R1), der Erläuterung der einzelnen Validierungsparameter, einem Blick ins Umfeld, den gewählten Validierungsbeispielen und potenziellen Auswirkungen ungenügender Methodenvalidierungen (Stichwort: warning letters) sehr gut gefallen. Gerade das Kapitel zur Validierungsumgebung gibt einen kurzen GMP-Abriss und hilft die Validierung analytischer Methoden in den richtigen Kontext einzuordnen und auch das Drumrum zu verstehen. Auch das Kapitel zu den Auswirkungen ungenügender Methodenvalidierungen war sehr interessant, auch wenn angemerkt werden muss, dass es sich nicht ausschließlich nur mit Validierungs- sondern generell mit analytischen bzw. Qualitätskontrollverstößen beschäftigt, aber deutlich zeigt, wie stark die Analytik im Fokus der Behörden steht.

Um jetzt auch mal ein wenig zu meckern, muss ich leider erwähnen, dass dieses Büchlein vor Rechtschreib- und Grammatikfehlern nur so wimmelt, eine Referenz fehlt, das Literaturverzeichnis nicht stringent alphabetisch geordnet ist und inhaltlich auch zwei Kleinigkeiten anzukreiden sind. So werden erstens die Begriffe „Validierung“ und „Verifizierung“ (--> für Arzneibuchmethoden!) nicht klar gegeneinander abgegrenzt, sondern es wird auch von Validierung gesprochen, wenn es um Arzneibuchmethoden geht, wo sich bei mir ja die Nackenhaare aufstellen… Und zweitens fehlt mir eine klare Unterscheidung zwischen einer Gehaltsbestimmung und einem Wirksamkeitstest (Potency Assay), auch wenn beide unter die gleiche Methodenkategorie fallen. Das kommt an einigen Stellen etwas schwammig rüber. Wenn ich beispielsweise als Arzneimittel ein Enzym habe, kann ich mit einer einfachen photometrischen Bestimmung den Proteingehalt ermitteln, was mir aber noch keine Aussage darüber erlaubt, ob mein Enzym auch aktiv ist oder evtl. aufgrund falscher Faltung eine Schädigung erlitten hat. Erst wenn ich mit einer Enzymaktivitätsbestimmung (= Potency Assay) gezeigt habe, dass mein Enzym seiner Funktion im gewünschten Maße nachkommt, kann ich mir auch seiner Wirksamkeit sicher sein.

Aber ich will nicht so viel meckern, das würde dem Buch absolut nicht gerecht werden, denn insgesamt ist es einfach super. Besonders hervorzuheben sind nämlich die verständliche, relativ einfach gehaltene Sprache und die vielen echt anschaulichen und gut erklärten Beispiele. Apropos Beispiele: die Erläuterung der Validierungsparameter und die Durchführung von Validierungen im Allgemeinen anhand der gut gewählten bioanalytischen Methoden je Methodenkategorie (mit Ausnahme eines Potency Assays) waren für mich persönlich das Highlight des Buches.

 

Nachtrag am 25.07.2022

Nachdem ich inzwischen auch das Büchlein „Qualitätskontrolle von Impfstoffen“ gelesen habe, habe ich auch eine Erklärung für die oben von mir angekreidete Gleichbehandlung einer Gehaltsbestimmung und eines Wirksamkeitstest gefunden: Der Autor hat eine Impfstoffe-Brille auf ???? Bei z.B. Lebend-Impfstoffen gibt eine Virustitration als Gehaltsbestimmung gleichzeitig Auskunft über die Wirksamkeit.