Journal Club: Validierung einer photometrischen Methode zur Gehaltsbestimmung

Geschrieben von Dr. Janet Thode Veröffentlicht in Methodenvalidierung

Einleitung und Hintergrund

Jede Medikamentenentwicklung beginnt mit der Identifizierung eines Moleküls, das das Potenzial hat, Krankheiten zu bekämpfen, zu kontrollieren, zu verhindern oder zu heilen. Während der Identifizierung solcher Verbindungen sind verschiedene analytische Verfahren von Bedeutung. So ist es obligatorisch, dass das Molekül frei von unerwünschten Verunreinigungen ist, es die richtige Konzentration aufweist und seine Identität sowie Wirksamkeit verifiziert werden kann. Aus diesen Gründen kommt eine Vielzahl analytischer Methoden zum Einsatz.

Für Gehaltsbestimmungen werden vorwiegend spektrometrische Methoden eingesetzt, jedoch finden auch andere Techniken wie z.B. Chromatographie in Kombination mit Spektrometrie Anwendung. Im Laufe der Jahre wurden viele neue Methoden entwickelt, bei denen die Selektivität, Zuverlässigkeit und Sensitivität optimiert wurden.

In diesem Blogbeitrag möchten wir eine spektrophotometrische Methode und ihre Validierung erläutern, die von Ashour et al. für die Bestimmung von Fluvastatin für die Analyse pharmazeutischer Präparate entwickelt wurde. Fluvastatin-Natrium (FVS) ist ein antilipämisches Mittel, das die Hydroxymethylglutaryl-Coenzym-A- (HMG-CoA) -Reduktase hemmt, welche einen wichtigen Schritt in der Cholesterin-Biosynthese katalysiert. FVS wird hauptsächlich verwendet, um den Cholesterinspiegel im Plasma zu senken und kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.

In der Vergangenheit wurden verschiedene elektroanalytische Methoden zur FVS-Bestimmung eingesetzt. Neben einer Vielzahl von voltammetrischen Verfahren wurden auch Kapillarelektrophorese (CE), Derivativ-Spektrophotometrie und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) zur FVS-Bestimmung angewandt. Außerdem gibt es eine Titrationsmethode, die im britischen Arzneibuch gelistet ist.

FVS erzeugt bei der Reaktion mit 4-Chlor-7-Nitrobenzofurazan (NBD-Cl) eine stark gelbe Farbe. Diese Eigenschaft wurde für die Entwicklung einer Methode zur Bestimmung von FVS in reiner Form und in pharmazeutischer Formulierung genutzt. Die von Ashour et al. vorgestellte Methode ist die erste kinetische photometrische Methode zur Gehaltsbestimmung von FVS. Sie ist einfach und schnell.

 

Untersuchte Ansätze und Methoden

Das elektroaktive Halogenidreagenz NBD-Cl wurde ursprünglich in Verfahren zur Bestimmung von Aminosäuren und Aminen eingesetzt. Der wichtigste Faktor bei photometrischen Verfahren ist die Erzeugung von Farbe durch die eingesetzten Reagenzien. Entsprechend wurde in dieser Studie die Tatsache genutzt, dass FVS mit NBD-Cl in Aceton-haltigem Medium bei 55 ± 2ºC eine gelbe Farbe generiert mit einem Absorptionsmaximum bei 462 nm. Zur Ermittlung der optimalen experimentellen Bedingungen wurden von den Autoren verschiedene Faktoren wie Temperatur, Konzentration, Absorption und Lösemittelauswahl untersucht.

Der Umstand, dass die Intensität der erzeugten Farbe direkt proportional zur Zeit bis zum Erreichen des Absorptionsmaximums ist, wurde zur Entwicklung der kinetischen Methode zur FVS-Bestimmung genutzt. Zur Erstellung einer Kalibrationskurve wurden verschiedene Ansätze getestet (Geschwindigkeitsdaten, Geschwindigkeitskonstanten, variable Zeit und feste Zeit).

Für den Geschwindigkeitsdatenansatz wurden verschiedene FVS-Konzentrationen hergestellt, der Anstieg der Absorption als Funktion der Zeit aufgezeichnet und schließlich die Reaktionsgeschwindigkeit der verschiedenen Konzentrationen aus der Tangentensteigung der Kurve ermittelt. Für die Kalibrationskurve wurden logarithmierte Werte der Reaktionsgeschwindigkeit gegen logarithmierte Konzentrationswerte aufgetragen. Im Gegensatz dazu wurde beim Geschwindigkeitskonstanten-Ansatz lineare Regression zwischen den Geschwindigkeitskonstanten und den Konzentrationen angewandt. Beim variablen Zeit-Ansatz wurde die Zeit gemessen, die von verschiedenen FVS-Konzentrationen benötigt wurde, um einen vordefinierten Absorptionswert zu erreichen. Für die Kalibrationskurve wurde der Kehrwert der Zeit (1/t) gegen die Anfangskonzentration aufgetragen. Beim festen Zeit-Ansatz wurden bei zuvor definierten festen Zeitpunkten die Absorptionen verschiedener Konzentrationen gemessen. Die Kalibrationskurve jedes festen Zeitpunkts (u.a. 20 Minuten) wurde generiert, indem die Absorptionen gegen die Anfangskonzentration aufgetragen wurden.

Diese vier Ansätze wurden auf ihre Anwendbarkeit, Sensitivität, die Werte des Achsenabschnitts und auf ihren Korrelationskoeffizienten (R2) untersucht. Alle 4 Ansätzen zeigen lineare Beziehungen mit einem Bestimmtheitsmaß R2 von > 0,99. Die besten Ergebnisse wurden mit dem Geschwindigkeitsdaten- und einem festen (20 Minuten) Zeit-Ansatz erhalten (Linearität: 15-50 μg/ml beim Geschwindigkeitsdatenansatz und 10-90 μg/ml beim 20 Minuten-Zeit-Ansatz). Für diese Ansätze wurden die Nachweisgrenze (limit of detection, LOD) und die Bestimmungsgrenze (limit of quantification, LOQ) bestimmt. Der Geschwindigkeitsdatenansatz weist eine niedrigere LOD als der 20 Minuten-Zeit-Ansatz auf (0,017 gegenüber 0,134 μg/ml), während es für die LOQ umgekehrt ist (10 μg/ml versus 15 μg/ml). Des Weiteren wurden für den 20 Minuten-Zeit-Ansatz die optimale Konzentration nach Ringbom (15-50 μg/ml) und die Sensitivität nach Sandell (0,147 μg cm-2 pro 0,001-Absorptionseinheit) berechnet. Die Sensitivität nach Sandell ist die Masse des Analyten pro Volumeneinheit der Lösung, die eine Absorption von 0,001 in einer Küvette mit einer Weglänge von 1 cm ergibt. Sie kann verwendet werden, um verschiedene Moleküle hinsichtlich ihrer Sensitivität beim Nachweis mit spektrophotometrischen Verfahren zu vergleichen. Sie wurde 1944 von Sandell beschrieben (Sandell E.B, 1944, Colorimetric Determination of Traces of Metals, Interscience Publishers, New York and later in 1959). Der optimale Ringbom-Konzentrationsbereich (T% = f (log C), wobei C in μg/ml) ist der Bereich mit der höchsten Genauigkeit aufgrund des geringsten photometrischen Fehlers. Er wurde 1939 von Ringbom postuliert (Ringbom A., 1939, Accuracy of colorimetric determinations, Z. Anal. Chem. 115, 332-342). Da diese beiden Parameter photometrischer Bestimmungen ziemlich alt sind, ist ihr Nutzen für gegenwärtige Methoden etwas fraglich.

 

Analytische Methodenvalidierung und Diskussion

Im Rahmen der analytischen Methodenvalidierung beider Ansätze wurden Richtigkeit und Präzision evaluiert. Dafür wurden sechs Bestimmungen bei vier verschiedenen Konzentrationen durchgeführt. Für die Präzision wurde die relative Standardabweichung (RSD%) und für die Richtigkeit der relative Fehler (Er%, der die Differenz zwischen der bestimmten und der theoretischen Konzentration hinsichtlich der Wiederfindung zeigt) berechnet. Die ermittelten Ergebnisse zeigen eine hohe Präzision und Richtigkeit, da sowohl sehr niedrige RSD%- als auch Er%-Werte ermittelt wurden (RSD% bis zu 2,38 und Er% bis zu 1,41).

Die Selektivität wurde ebenfalls untersucht. FVS wird in Form von Kapseln verkauft, mit z.B. 20 oder 40 mg FVS und verschiedenen Hilfsstoffen. Zur Evaluierung der Selektivität wurde eine Mischung von typischen Kapselhilfsstoffen zusammen mit dem Wirkstoff analysiert und die relative Wiederfindung (% Recovery) für FVS berechnet. Die Hilfsstoffe haben keinen Einfluss auf die relative Wiederfindung, da bei allen Experimenten Wiederfindungsraten von 100,32 % ± 0,49 % bis 101,41 % ± 0,48 % beobachtet wurden. Keiner der Hilfsstoffe zeigt eine Absorption im interessierenden Bereich.

Ein wichtiger Aspekt der Methodenentwicklung ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit bereits etablierten, akzeptierten Methoden. Aus diesem Grunde wurde die Performance der beiden Ansätze mit der in der britischen Pharmakopöe aufgeführten nicht-wässrigen Titrationsmethode verglichen. Für alle 3 Methoden wurde FVS in seiner pharmazeutischen Formulierung, also als Kapsel der gleichen Charge eingesetzt. Die erhaltenen Ergebnisse wurden mit einem t-Test (für die Richtigkeit) und einem F-Test (für die Präzision) verglichen und es wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den neuen Verfahren im Vergleich zum etablierten Verfahren festgestellt. Wie ich inzwischen durch die Lektüre kleiner Statistik-Büchlein gelernt habe, ist die Verwendung des t- bzw. F-Test in diesem Falle aber nicht ganz korrekt, da sie grundsätzlich zum Einsatz kommen sollten, wenn auf Unterschiede geprüft wird. Da hier aber der Nachweis der Vergleichbarkeit das Ziel war, hätte man lieber einen Äquivalenztest anwenden sollen.

Die Methode soll zur Gehaltsbestimmung von FVS (= assay) eingesetzt werden. Gemäß der ICH (Internationale Konferenz zur Harmonisierung der technischen Anforderungen für die Registrierung von Humanarzneimitteln) Richtlinie Q2(R1) sind für eine Gehaltsbestimmung Linearität, Arbeitsbereich, Richtigkeit, Präzision in Form von Wiederholbarkeit und Vergleichspräzision sowie Spezifität zu prüfen.

Zur Evaluierung der Linearität sollen gemäß ICH Q2(R1) mindestens 5 Konzentrationen getestet werden. Obwohl in diesem Artikel eine gute Linearität gezeigt werden konnte, wurden hierfür nur 4 Konzentrationen eingesetzt. Zur Bestimmung des Arbeitsbereichs wird die Verwendung von Konzentrationen im Bereich von 80 bis 120% der Testkonzentration empfohlen. Die beobachtete Linearität lag bei 15-50 µg/ml (Geschwindigkeitsdaten-Ansatz) und 10-90 µg/ml (20-Minuten-Zeit-Ansatz), so dass eine 100%ige Testkonzentration bei etwa 33 µg/ml (Geschwindigkeitsdaten-Ansatz) bzw. 50 μg/ml (20-Minuten-Zeit-Ansatz) angenommen werden kann. Die für Richtigkeit und Präzision durchgeführten Experimente umfassen einen Bereich von 20-50 μg/ml (Geschwindigkeitsdaten-Ansatz) und 10-70 μg/ml (20-Minuten-Zeit-Ansatz) und schließen daher die für den Arbeitsbereich empfohlenen Konzentrationen von 80 bis 120% mit ein. Richtigkeit und Spezifität (in Form von Selektivität) wurden gezeigt. Aufgrund der Tatsache, dass für jede Konzentration 6 Replikate verwendet wurden, wurde die Präzision als Wiederholpräzision erfolgreich evaluiert. Experimente, die eine Vergleichspräzision zeigen, fehlen jedoch komplett.

Zusammengefasst sind die größten Vorteile der vorgestellten Methoden ihre Einfachheit und Zeiteffektivität. Sie sind relativ unkompliziert und deutlich schneller als andere gängige Analysemethoden. Die Ergebnisse der Methodenvalidierung waren sehr gut, abgesehen von der Tatsache, dass eine Konzentration für die Linearität und die Experimente für die Vergleichspräzision fehlen. So eingereicht wäre die Akzeptanz einer Behörde unwahrscheinlich.